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Wirtschaft: Preussag bleibt auch künftig ein gemischter Konzern

HANNOVER .Wenn Michael Frenzel heute die Bilanz für das Geschäftsjahr 1997/98 (30.

HANNOVER .Wenn Michael Frenzel heute die Bilanz für das Geschäftsjahr 1997/98 (30.9.) vorlegt, dürfte er sich mit Zahlenvergleichen zum Vorjahr nicht lange aufhalten.Es gibt in der Preussag AG, Hannover, nicht mehr viel, was der Vorstandsvorsitzende vergleichen könnte.Die Stahltochter wurde verkauft, ebenso das Steinkohlegeschäft.Im Anlagenbau werden Verlustbringer reihenweise abgegeben.Dafür entstand aus dem Nichts die Touristik-Holding HTU mit Hapag-Lloyd, TUI, den First-Reisebüros und einer Thomas-Cook-Beteiligung.

Das Karussell dreht sich schnell - manchem etwas zu schnell: "Wie in der Zentrifuge" fühlt sich ein Betriebsrat.Doch Frenzel hat es offenbar geschafft, selbst die Belegschaftsvertreter mit diesem Zustand zu versöhnen.Allseits werden Fairneß und Offenheit des Mannes gelobt, der als Außenseiter vom Großaktionär WestLB zur Preussag kam.Frenzel hat seine Mitarbeiter schon an den Konzernumbau gewöhnt, als er damit noch keine Schlagzeilen machte.Allein von 1994 bis 1997 verkaufte er Töchter mit 12 000 Mitarbeitern und 3,5 Mrd.DM Umsatz.Dabei ließ er sich auch vom Zeitgeist nicht beirren: Als alle Welt ihr Heil in der Telekommunikation suchte, gab er das Mobilfunk-Geschäft auf.Zukäufe in der Logistik (Lehnkering) und der Gebäudetechnik (Elco und Chaffoteaux) brachten im Gegenzug drei Mrd.DM Umsatz und 9 000 Mitarbeiter ins Haus.Das Ergebnis bezeichnete Frenzel als "fokussierten Mehrbereichskonzern", doch die Strategie blieb unklar.Handel und Logistik brachten die Hälfte der Erlöse von 27 Mrd.DM im Geschäftsjahr 1997/98.Der Rest verteilte sich zu je 10 bis 20 Prozent auf Stahl, Energie und Rohstoffe, Anlagen- und Schiffbau sowie Gebäudetechnik und Komponenten .

Eine wortkarge Berichterstattung trug nicht gerade zur Klarheit bei, und so hinkte der Aktienkurs trotz aller Anstrengungen dem Markt hinterher.Hier liegt ein wesentliches Motiv für den radikalen Schwenk zur Touristik: Niedrig bewertet und zersplittert, drohten der Preussag Übernahme und Zerschlagung.Diese Gefahr ist bei einer Börsenkapitalisierung von jetzt knapp 15 Mrd.DM wenigstens gemindert.Alfred Schoengraf, Analyst beim Bankhaus Delbrück, lobt die "sehr konsequente" Strategie.Christian Obst von der Hypo-Vereinsbank attestiert Frenzel, richtig zu liegen.Er nehme Abschied von kapitalintensivem und wachstumsschwachem Geschäft wie Kohle und Stahl.

Damit hat die Preussag einen neuen Fixpunkt.Hapag-Lloyd und TUI sind mit 15 000 Mitarbeitern für gut 10 Mrd.DM Umsatz gut.Nun kommen First und Thomas Cook mit zusammen knapp sieben Mrd.DM hinzu.Der Rest wurde mit der Zusammenfassung der sechs Geschäftsbereiche in den Sparten Energie/Grundstoffe, Technologie und Logistik/Touristik klarer gegliedert.Doch das war wohl nicht das Ende des Umbaus.Immer noch ist die Preussag "ein recht gemischter Konzern", wie Schoengraf sagt.Es gibt zahlreiche Kauf- und Verkaufkandidaten.

So bleibt für die "neue Preussag" eine alte Frage aktuell: Was macht die Preussag aus, wenn ihre Bestandteile schmerzarm ausgetauscht werden können? Im Konzern wird die Frage so beantwortet: Ohne die Preussag hätten die Touristik-Unternehmen nicht zusammengefunden.Daß dabei die Beteiligung der WestLB an allen Unternehmen die treibende Kraft war, gilt als Randnotiz: "Wir wären dumm, wenn wir die Chancen durch unseren Großaktionär nicht nutzen würden."

STEFAN WINTER (HB)

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