zum Hauptinhalt

RECHTS Frage: an Wolfgang Wawro Steuerberater

Heimbesuche absetzen?

Meine Mutter hat Pflegestufe eins und lebt in einem Pflegeheim in Franken. Ich wohne in Berlin, muss aber mindestens einmal im Monat zu meiner Mutter fahren, um mich um sie zu kümmern und ihre Rechnungen durchzusehen. Da ich kein Auto habe, geht das ganz schön ins Geld. Kann ich die Bahnfahrten und die Unterkunftskosten am Ort von der Steuer absetzen, vielleicht als außergewöhnliche Belastungen? Oder ist das meine Privatsache?

Mit der Frage nach außergewöhnlichen Belastungen liegen Sie schon richtig. Doch leider liegt eine solche wohl nicht vor. Aufwendungen für Besuchsfahrten zu Angehörigen sind grundsätzlich nicht außergewöhnlich, sie gehören in den Bereich der allgemeinen Lebensführung.

Besuchskosten können als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden, wenn sie zur Pflege und Versorgung des Angehörigen notwendig sind, soweit sie die Kosten für übliche Besuchsfahrten überschreiten. Das gilt auch, wenn der besuchte Angehörige erkrankt ist. Nur, wenn die Besuchsfahrten ausschließlich zum Zwecke der Heilung oder Linderung eines Leidens durchgeführt werden, kann es sich um unmittelbare Krankheitskosten handeln. Dazu bedarf es allerdings eines qualifizierten ärztlichen Attestes.

Fahrten, die lediglich der verwandtschaftlichen Kontaktpflege dienen, können keine Berücksichtigung finden. Zur üblichen Kontaktpflege zählen beispielsweise auch die Erledigung von Besorgungen – wie Einkäufe oder Schriftverkehr – für einen alten oder kranken Verwandten. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Aufwendungen nicht zwangsläufig sind, wenn sie durch angemessene anderweitige Ersatzmöglichkeiten hätten abgewendet werden können. Und schließlich wäre zu prüfen, ob es bei entsprechenden wirtschaftlichen Verhältnissen Ihrer Mutter zumutbar wäre, sich die Fahrtkosten von ihr erstatten zu lassen (möglicher Aufwendungsersatzanspruch nach Paragraf 670 BGB). So entschied etwa der Bundesfinanzhof bereits vor einigen Jahren mit einem Urteil vom 02.12.2004, Az.: III R 27/02 (NV).

Wenn Sie vom Vormundschaftsgericht als Betreuer Ihrer Mutter eingesetzt sind, können Sie unter Umständen notwendige Betreuungsfahrten, die aus dem Vermögen Ihrer Mutter nicht ersetzt werden können, gegebenenfalls gegenüber der Staatskasse geltend machen. Wird ein solcher Anspruch nicht geltend gemacht, sind die Fahrtkosten nicht zwangsläufig. Ein diesbezügliches Urteil vom Finanzgericht Baden-Württemberg wurde durch Beschluss des Bundesfinanzhofes vom 03.03.2009, Az.: VI B 136/07 (NV) bestätigt. Foto: Kai-Uwe Heinrich

– Haben Sie auch eine Frage?

 Dann schreiben Sie uns:

E-Mail:

Redaktion.Recht@tagesspiegel.de

Postanschrift: Verlag Der Tagesspiegel,

Redaktion Recht, 10876 Berlin

an Wolfgang Wawro

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false