Wirtschaft: Schonfrist verlängert
Bayer verspricht, auch nach Mitte 2008 sozialverträgliche Lösungen zu suchen – und richtet ein Jobcenter in Berlin ein
Berlin - Vorstand und Betriebsrat von Bayer Schering Pharma haben sich am Donnerstag auf eine Betriebsvereinbarung geeinigt. Sie räumt den 950 vom Stellenabbau betroffenen Berliner Mitarbeitern eine längere Schonfrist bis 2009 ein. Bayer Schering Pharma (BSP) hatte den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen bislang nur bis Mitte 2008 garantiert. Betriebsratschef Norbert Deutschmann wertete die Vereinbarung als Erfolg. „Die Mitarbeiter haben damit mehr Sicherheit vor betriebsbedingten Kündigungen“, sagte er nach Abschluss der Verhandlungen. Die Drohung des Betriebsrates, mit rechtlichen Schritten die Übernahme zu verhindern, sei damit vom Tisch. Die Industrie- und Handelskammer begrüßte die Vereinbarung. „Es sind gute Lösungen gefunden worden, die notwendigen Umstrukturierungen für alle Mitarbeiter akzeptabel zu gestalten“, sagte IHK-Präsident Eric Schweitzer.
Das Management von Bayer Schering Pharma – in dem die frühere Schering AG nach Übernahme durch Bayer aufgegangen ist – hatte vergangene Woche zwar den Umfang des Stellenabbaus bekannt gegeben, aber noch nicht gesagt, wie dies erfolgen soll. Weltweit werden 6100 Stellen in der fusionierten Pharmasparte gestrichen, davon 950 im Schering-Stammwerk im Wedding. Weitere 250 Arbeitsplätze im Vertrieb hat Bayer bereits abgebaut, so dass in Berlin insgesamt 1200 Jobs wegfallen. Die Instrumente, auf die Bayer beim Personalabbau zurückgreifen wird, sind nun in der Betriebsvereinbarung festgeschrieben worden.
Zu den Sofortmaßnahmen gehört demnach ein internes Jobcenter. Es soll Mitarbeiter bis Ende 2009 innerhalb des Unternehmens aber auch extern vermitteln, sie weiterbilden und qualifizieren. Auf den Einsatz von Fremdfirmen im Unternehmen solle künftig „weitgehend“ verzichtet werden. Nach Angaben von BSP-Arbeitsdirektor Werner Baumann hat es bereits Anfragen von Berliner Unternehmen gegeben, Namen nannte er nicht. Wie viele frühere Schering-Arbeitnehmer in das Jobcenter wechseln werden, das jetzt eingerichtet wird, sei noch nicht absehbar, sagte Baumann.
Für einen Teil der betroffenen Mitarbeiter sollen auch Wechselmöglichkeiten innerhalb des Bayer-Konzerns geschaffen werden. 250 Stellen, die den Berlinern angeboten werden sollen, seien bereits identifiziert worden, sagte Baumann – die meisten in Leverkusen in der Verwaltung, ein kleiner Teil auch in Wuppertal.
Bayer hatte bereits in der vergangenen Woche mitgeteilt, dass von 950 Mitarbeitern, deren Stellen wegfallen, für 350 bereits individuelle Lösungen etwa über Ruhestandsregelungen, Altersteilzeit oder Aufhebungsverträge mit Abfindungen gefunden worden sind. Ein Abfindungsangebot für einen bestimmten Mitarbeiterkreis läuft noch bis Ende März.
Am Donnerstag hat Bayer zudem zugesichert, dass sich der Konzern für Mitarbeiter, deren Stellenabbau 2008 oder später ansteht, zwölf Monaten lang um sozialverträgliche Lösungen bemüht. Dies war dem Betriebsrat wichtig, da Bayer mit der bisherigen Zusicherung, betriebsbedingte Kündigungen nur bis Mitte 2008 auszuschließen, Mitarbeitern am 29. Juni 2008 zum Jahresende hätte kündigen können. Wie teuer die Betriebsvereinbarung wird, konnte Arbeitsdirektor Baumann gestern noch nicht sagen.
Bayer hatte nach der knapp 17 Milliarden schweren Übernahme des Berliner Pharmakonzerns angekündigt, dass ab 2009 jährlich Einsparungen von 700 Millionen Euro erzielt werden sollen.
Maren Peters