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Immer mehr Deutschen investieren in Einbruchschutz.

© Getty Images/iStockphoto

Sicherheit: Deutschland rüstet auf

Die Deutschen sind verunsichert - auch wegen der zahlreichen Einbrüche im Land. Immer mehr Menschen investieren in Schutzvorkehrungen gegen Langfinger.

Innere Unruhe, Herzrasen und das ständige Gefühl, im eigenen Haus nicht mehr sicher zu sein: Nach einem Einbruch und einem Einbruchsversuch innerhalb von drei Jahren hatte Familie Berger (Name von der Redaktion geändert) die Beklemmung gründlich satt. Die Diebe waren über ein Fenster im Erdgeschoss ins Haus eingedrungen und hatten sämtliches Hab und Gut der Bewohner durchwühlt. Den Schaden von mehreren tausend Euro bezahlte zwar am Ende die Versicherung – doch das Geld konnte das schlechte Gefühl nicht ausmerzen. Nach einer Hausbegehung und Beratung durch die Polizei haben die Bergers mittlerweile aufgerüstet – und ihre Immobilie mit einbruchsicheren Fenstern und Türen sowie Gittern ausgestattet.

Das Sicherheitsbedürfnis der Deutschen ist gestiegen

Die Bergers sind nicht die Einzigen im Land, die in ihre Sicherheit investiert haben. Sowohl die Umsätze von Wachschutzunternehmen also auch die der Hersteller von Sicherheitstechnik sind in den vergangenen Jahren sukzessive gestiegen. Allein mit Sicherheitstechnik und Schließanlagen setzten Händler hierzulande 2015 fast eine Milliarde Euro um, neuere Zahlen liegen nicht vor, doch die Tendenz ist steigend. „Der Bedarf an mechanischen und elektronischen Sicherungsvorkehrungen ist in den vergangenen Jahren generell gestiegen“, sagt Ralf Margout vom Fachverband Europäischer Sicherheits- und Schlüsselfachgeschäfte Interkey.

Der Fachmann führt das wachsende Sicherheitsinteresse der Deutschen vor allem auf die zahlreichen Einbrüche im Land zurück. In Berlin verzeichnete die Polizei im Jahr 2015 mehr als 11300 Fälle – in der Hauptstadt waren besonders die dicht besiedelten Innenstadtbereiche und Randlagen davon betroffen. Eingebrochen wird laut Statistik in der Hauptstadt das ganze Jahr über, mit steigenden Fallzahlen in der „dunklen Jahreszeit“, also im Herbst und Winter.

Viele Altbauten sind unzureichend gesichert

Vor allem viele Altbauten in der Stadt seien ungenügend gesichert und würden daher das Ziel von Kriminellen, erklärt Kriminalhauptkommissar Georg von Strünck. Er leitet die Beratungsstelle Einbruchschutz der Berliner Polizei und gib der Bevölkerung Tipps, wie man sich in den eigenen vier Wänden schützen kann. „Sicherheitsvorkehrungen können Täter abschrecken“, sagt er. Die meisten Menschen, die die Beratungsstelle kontaktieren, sind wie die Bergers selbst Opfer eines Einbruchs geworden oder kennen jemand, dem das passiert ist. „Wir empfehlen, immer zuerst in mechanische Schutzvorkehrungen zu investieren“, sagt Strünck. Schon mit der Nachrüstung von Türen und Fenstern könne man eine Menge erreichen. So erschwere etwa der Einbau von sogenannten Pilzkopfzapfen in Fenster, dass diese einfach aufgehebelt werden könnten. Das ist derzeit die gängigste Art, in Einfamilienhäuser einzubrechen. „Diebe benötigen dafür gerade einmal eine Minute“, sagt Strünck. „Jede Sekunde, die darüber hinausgeht, erhöht das Risiko, entdeckt zu werden.“ In der Mieterstadt Berlin könne beispielsweise der nachträgliche Einbau von Quer- und Stangenriegeln an Türen Einbrecher abschrecken. Die Statistik zeigt, dass es sich durchaus lohnt, in Sicherheitstechnik zu investieren: Neben der großen Zahl an Einbrüchen registriert die Polizei auch immer mehr Fälle, bei denen die Täter scheitern. Das beliebteste Einbruchswerkzeug der Diebe ist übrigens ein gewöhnlicher Schraubenzieher.

Wer seine Immobilie sichert, wird vom Staat gefördert

Wer über die Sicherung seiner Wohnung nachdenkt, sollte sich unbedingt vorher beraten lassen, mehrere Angebote von Firmen einholen und sich schließlich einen Kostenvoranschlag von der Firma machen lassen, die die Technik installieren soll. Denn der Preis für Einbruchschutz kann je nach Zustand, Größe und Lage des zu schützenden Objekts recht unterschiedlich ausfallen – von einigen hundert bis zu mehreren tausend Euro. Der Einbau von Pilzkopfzapfen beispielsweise kostet laut Kriminalhauptkommissar Strünck rund 200 bis 500 Euro pro Fensterflügel. Die gute Nachricht: Der Staat fördert Maßnahmen wie diese seit 2015 mit vergünstigten Krediten und Zuschüssen.

Die Polizei empfehlt mechanische Sicherungsvorkehrungen

Neben mechanischem Einbruchschutz hat die Industrie in den vergangenen Jahren auch zahlreiche digitale Geräte auf den Markt gebracht, die Einbrechern das Leben schwermachen sollen. Aus Sicht der Polizei können Kontaktsensoren, Bewegungsmelder, Alarmanlagen oder Kameras Einbrüche im Vergleich zu mechanischen Hilfsmitteln aber nur bedingt verhindern. Denn sie kommen häufig erst dann zum Einsatz, wenn der Einbruch bereits geglückt ist. „Wir wollen aber verhindern, dass sich ungebetene Gäste Zutritt verschaffen“, sagt Strünck. Elektronische Hilfsmittel sollten daher allenfalls zusätzlich zu mechanischen Schutzmechanismen zum Einsatz kommen. So habe sich der Einsatz von Kameras als Abschreckungsmaßnahme nicht bewährt, sagt Georg von Strünck. Zudem brächten sie ihrem Besitzer häufig keinen Mehrwert, da sie entweder falsch angebracht seien oder nur Aufnahmen in schlechter Qualität lieferten: „Häufig sind die Täter auf den Bildern gar nicht zu erkennen“, sagt Strünck.

Datenschützer kritisieren "smarte" Lösungen

Sensoren und Kameras – auch Attrappen, die Einbrechern durch ein Blinklicht ein waches Auge vorgaukeln sollen – finden sich heute in fast jedem Elektrofachmarkt. Und Telefon- und Internetprovider bieten Geräte samt Dienstleistungen an, bei denen die aufgezeichneten Daten nicht vor Ort im Haus gespeichert werden (wo sie der Dieb ja einfach vernichten könnte), sondern über die Funkleitung in ein Rechenzentrum weitergeleitet werden. Das klingt „smart“ und wird entsprechend als besonders schlaue Lösung angepriesen. Datenschützer und Verbraucherschützer sind aber skeptisch. Familie Berger jedenfalls hat jetzt ein paar tausend Euro weniger auf dem Konto. Dafür können alle endlich wieder ruhig schlafen.

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