Schmiergeldaffäre: Siemens steht vor weiteren Vergleichen
Siemens hatte der alten Führung – darunter den früheren Vorstandsvorsitzenden Heinrich von Pierer und Klaus Kleinfeld – ein Ultimatum bis Mitte November gestellt. Sollte bis dahin keine Einigung erzielt sein, will der Konzern die Schadenersatzansprüche einklagen.
München - In der Siemens-Schmiergeldaffäre wollen weitere Ex-Vorstände dem Konzern Schadenersatz zahlen. Eine Einigung mit mehreren ehemaligen Top-Managern auf einen Vergleich sei in Kürze zu erwarten, erfuhr das „Handelsblatt“ aus dem Verhandlungsumfeld. Siemens hatte der alten Führung – darunter den früheren Vorstandsvorsitzenden Heinrich von Pierer und Klaus Kleinfeld – ein Ultimatum bis Mitte November gestellt. Sollte bis dahin keine Einigung erzielt sein, will der Konzern die Schadenersatzansprüche einklagen. Siemens wirft der alten Führung eine Verletzung ihrer Aufsichtspflichten vor.
Hintergrund ist der größte deutsche Schmiergeldskandal. Bei Siemens war weit über eine Milliarde Euro in schwarzen Kassen verschwunden. Zumindest einen kleinen Teil des Milliardenschadens, der unter anderem durch Strafzahlungen und Beraterkosten entstanden ist, will sich der Konzern von der alten Führung zurückholen. Ziel ist es, sich auf Vergleiche zu einigen, um auf der Hauptversammlung Ende Januar einen vorläufigen Schlussstrich unter die Affäre ziehen zu können.
Gut eine Woche vor Ablauf des Ultimatums sind die Anwälte intensiv mit den Verhandlungen beschäftigt. „Mit mehreren sind sie sich bei Siemens im Grundsatz einig“, verlautet es aus Branchenkreisen. Im August hatte sich Siemens mit den Ex-Vorständen Klaus Wucherer, Rudi Lamprecht und Edward Krubasik geeinigt, die jeweils 500 000 Euro zahlten.
Noch nicht entschieden hat sich laut Verhandlungskreisen der ehemalige Vorstands- und Aufsichtsratschef Pierer. Der Konzern will sechs Millionen Euro von ihm. In Pierers Umfeld heißt es, er sei zu einem „vernünftigen Kompromiss“ bereit. Dies dürfte bedeuten, dass Pierer wohl Schadenersatz in gewissem Umfang zahlen und damit politische Mitverantwortung übernehmen würde. Allerdings will er offenbar nicht als der große Hauptverantwortliche hingestellt werden, als den ihn viele im Konzern sehen.
Im Siemens-Aufsichtsrat, der sich Anfang Dezember mit den möglichen Vergleichen beschäftigen soll, herrscht Nervosität. „Wir stehen unter einem enormen Handlungszwang“, sagte ein Siemens-Aufsichtsrat dem „Handelsblatt“. Wenn das Gremium berechtigte Ansprüche nicht geltend mache, drohten den Aufsichtsräten persönliche Konsequenzen. „Wir wollen nicht in die persönliche Schadenersatzpflicht gehen.“ Der Spielraum für Kompromisse sei für das Gremium gering. Dennoch könnte der Konzern in Einzelfällen Abstriche machen. „Manch einer hat die geforderten Summen einfach nicht“, sagt ein Insider.
Unabhängig von einer Einigung mit dem Konzern: Die Justiz wird die Affäre noch Jahre beschäftigen, es laufen noch etliche Ermittlungsverfahren. HB