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Wirtschaft: Springers TV-Pläne stehen vor dem Aus

Verlag prüft Zerlegung von Pro Sieben Sat 1

Berlin – Die Axel Springer AG sucht Interessenten für einen der beiden großen Sender von Pro Sieben Sat 1. Mit einem Verkauf von Pro 7 oder Sat 1 hofft der Verlag, doch noch die kartellrechtliche Genehmigung für die Übernahme der Fernsehgruppe zu erhalten. Aus Kreisen des Springer-Vorstands verlautete, daraus eventuell entstehende neue Probleme mit dem deutschen Kartellrecht würden vermieden, indem die Verhandlungen mit ausländischen Unternehmen geführt werden – nicht jedoch mit dem französischen Fernsehkonzern TF 1. Das Bundeskartellamt hatte am Freitag gefordert, für eine Freigabe müsse Springer die „Bild“-Zeitung, Pro 7 oder Sat 1 verkaufen.

Springer-intern gilt als wahrscheinlicher, dass der Konzern die Fernsehpläne ganz aufgibt. Insider gehen davon aus, dass Springer die Verhandlungen über Pro 7 und Sat 1 nur führt, um jede theoretische Möglichkeit genutzt zu haben, die Erlaubnis des Kartellamts zu bekommen. Dies hat der Konzern gegenüber den bisherigen Eigentümern um Haim Saban zugesichert. Ein Verstoß könnte Schadenersatzforderungen zur Folge haben. Also wird sondiert, zu welchem Preis sich Pro 7 oder Sat 1 verkaufen ließen und ob die wirtschaftliche Logik der Übernahme von Pro Sieben Sat 1 auch nach dem Verzicht auf einen der beiden Sender bestehen bliebe. Es sei aber unwahrscheinlich, dass Pro Sieben Sat 1 zerschlagen werde.

Auf keinen Fall wird Springer vor Gericht ziehen, wenn das Bundeskartellamt und die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) die Übernahme von Pro Sieben Sat 1 untersagen werden. Der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner will keine Vorwürfe von Aktionären riskieren, geradezu verbissen auf den Kauf der Sendergruppe zu setzen, heißt es in seinem Umfeld. Schließlich binde das Verfahren nicht nur Managementkräfte, sondern koste Zeit und Geld. Beides könnte anderweitig aussichtsreicher investiert werden. Abgesehen von Anwalts- und Gutachterkosten kommen auf Springer in wenigen Wochen zudem Zinszahlungen zu, die laut Kaufvertrag an die bisherigen Eigentümer um Saban zu leisten wären. Diese Zahlungen belaufen sich auf bis zu 50 Millionen Euro – damit ließe sich eine mittelgroße Zeitschrift gründen.

Auch die Wahrscheinlichkeit, dass Springer nach dem zu erwartenden Veto des Kartellamts einen Antrag auf Ministererlaubnis stellen wird, stufen Insider als gering ein. Springer wolle vermeiden, dass zu der kartell- und medienrechtlichen Diskussion eine politische hinzukommt. Dies umso mehr, da Springer als konservativer Konzern und mit der „Bild“-Zeitung ohnehin polarisiert. Schon wurden aus der SPD Forderungen laut, die Debatte vor den Koalitionsausschuss zu bringen, auch Bündnis 90/Die Grünen äußerten Kritik. Darüber hinaus würde Döpfner Glaubwürdigkeit einbüßen – bislang hatte er gesagt, im Sinne der Staatsferne sollten Medienunternehmen nicht auf das Wohlwollen der Politik setzen.

Kritik an der Bewertung des Kartellamts äußerte Reinhold Albert, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten. Die Behörde hatte in ihrer Abmahnung am Freitag Vorschläge von Springer abgelehnt, wonach die Landesmedienanstalten darüber wachen sollen, dass zwischen „Bild“ und Pro Sieben Sat 1 keine übermäßige werbliche und inhaltliche Unterstützung stattfindet. Dabei hatte das Kartellamt auf die unzureichende Handlungsfähigkeit und -bereitschaft der Landesmedienanstalten verwiesen. Ihnen unterstellt die Behörde, aus standortpolitischen Gründen zu sehr im Interesse der Sender zu handeln. Ihre Sanktionsmöglichkeiten seien außerdem unzureichend und würden zu spät ergriffen.

„Für mich ist die Kritik nicht nachzuvollziehen“, sagte Albert dieser Zeitung. Sanktionen könnten nicht im rechtsfreien Raum ausgesprochen oder ergriffen werden, ohne den Sendern die Möglichkeit langwieriger Rechtswege zu eröffnen. Das Interesse der Öffentlichkeit verbiete es zudem, „einfach mal so“ einen Sender mit zweistelligem Marktanteil abzuschalten.

Auch im Fall, dass die KEK ihre Entscheidung heute vertagen sollte, werden sich am Freitag die Direktoren der 15 Landesmedienanstalten in Berlin treffen, um das Springer-Verfahren zu diskutieren. Theoretisch hätten die 15 Direktoren die Möglichkeit, ein Veto der KEK mit einer Dreiviertelmehrheit binnen drei Monaten außer Kraft zu setzen. Ziel sei, am Freitag zunächst einmal alle auf denselben Informationsstand zu bringen, sagte Albert.

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