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Wirtschaft: Städte und Gemeinden wollen Bündnisse für Arbeit Kommunen bieten Arbeitsplatzsicherung gegen Lohnverzicht

Berlin (pet/uwe). Nach dem teuren Tarifabschluss im öffentlichen Dienst schließen immer mehr Kommunen nicht mehr aus, aus dem Flächentarifvertrag auszubrechen, um Arbeitsplätze zu sichern.

Berlin (pet/uwe). Nach dem teuren Tarifabschluss im öffentlichen Dienst schließen immer mehr Kommunen nicht mehr aus, aus dem Flächentarifvertrag auszubrechen, um Arbeitsplätze zu sichern. „Wir denken angesichts eines Haushaltsfehlbetrages von acht Millionen Euro in 2003 über ein betriebliches Bündnis nach“, sagte Angelika Michaelis, Sprecherin der ostdeutschen Stadt Zwickau. Auch die Oberbürgermeister von Gera und Gelsenkirchen können sich vorstellen, die Mehrkosten durch den Tarifabschluss notfalls durch ein betriebliches Bündnis oder Kündigungen abzufangen.

Betriebliche Bündnisse für Arbeit gibt es bislang vor allem in der Privatwirtschaft. Für Unternehmen sind sie oft die letzte Möglichkeit, um das Überleben in schwierigen Zeiten zu sichern. Die Beschäftigten lassen sich dabei auf einen Handel ein: Sie verzichten auf einen Teil ihres Tariflohns und bekommen im Gegenzug Arbeitsplatzsicherheit. Das Problem: Diese Verträge sind in den seltensten Fällen legal. Nur wenn die Gewerkschaft dem Abweichen der Tarifverträge nach unten zustimmt, entspricht ein betriebliches Bündnis für Arbeit den Rechtsvorschriften. Macht der Betriebs oder Personalrat dagegen eine Vereinbarung ohne Zustimmung der Gewerkschaft, sind diese Verträge rechtswidrig. Eine Öffnungsklausel, die Abweichungen nach unten legalisieren würde, hat die Gewerkschaft Verdi bisher abgelehnt.

Die sächsische Stadt Zwickau denkt trotzdem über ein betriebliches Bündnis nach. Sie weiß nicht mehr, wie sie ihre rund 1800 Beschäftigten bezahlen soll. Nach dem Tarifabschluss, der die Stadt 2,4 Millionen Euro zusätzlich kostet, hat der Stadtkämmerer einen Fehlbetrag von insgesamt acht Millionen Euro für 2003 berechnet. „Jetzt prüfen wir alle Möglichkeiten, wo das Geld herkommen kann“, sagt Stadt-Sprecherin Michaelis.

Auch die thüringische Stadt Gera will die Mehrkosten durch den Tarifabschluss entweder durch einen Haustarifvertrag oder Personalabbau abfangen. Bürgermeister Norbert Hein rechnet durch den Abschluss mit Mehrbelastungen von zwei Millionen Euro für Gera allein in diesem Jahr.

Halle ist schon einen Schritt weiter. Der Stadt in Sachsen-Anhalt beschert der Tarifabschluss nach Auskunft eines Sprechers Mehrkosten von 5,8 Millionen Euro allein in diesem Jahr. Der Abschluss verschlimmert die Lage der Stadt, die ihren 4500 Beschäftigten im öffentlichen Dienst schon zum 1. Januar Abfindungsverträge angeboten hatte. Auch betriebsbedingte Kündigungen schließt die Stadt als letztes Mittel nicht aus.

Die Ost-Städte können sich der Solidarität zumindest eines West-Kollegen sicher sein: Der Gelsenkirchener Oberbürgermeister Oliver Wittke (CDU) hat als Konsequenz aus dem „katastrophalen Tarifabschluss“ Städte und Gemeinden aufgefordert, unter dem Dach des Kommunalen Arbeitgeberverbandes (VKA) für ihre Beschäftigten künftig eigene Tarife auszuhandeln. Der VKA hält sich mit einer Empfehlung allerdings noch zurück. Auch ein betriebliches Bündnis schloss Wittke nicht aus. „Ich würde das machen, sofort“, sagte er dieser Zeitung am Montag, „aber nur, wenn die Gewerkschaft Verdi mitzieht.“

Die Städte und Gemeinden wie Braunschweig und Gelsenkirchen, die nun nach dem Berliner Vorbild über eine Kündigung bei den Arbeitgeberverbänden nachdenken, haben allerdings einen Nachteil: Sie müssen die jetzt vereinbarten Tarife so lange zahlen, bis die Laufzeit des Vertrages endet. Und das heißt, dass sie bei Lohn und Gehalt ihrer Beschäftigten im öffentlichen Dienst erst zum 31. Januar 2005 eigene Regelungen finden können.

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