zum Hauptinhalt
In der Stahlsparte von Thyssenkrupp sollen mehrere tausend Stellen wegfallen.

© IMAGO/Rupert Oberhäuser

Update

Stellenabbau bei Thyssenkrupp: Rund 11.000 Jobs in Stahlsparte betroffen – IG Metall verweigert Verhandlungen

Der Industriekonzern plant einen Kahlschlag bei seiner Stahltochter. Dort müssen Tausende Beschäftigte nun um ihre Jobs bangen. Die zuständige Gewerkschaft sieht mehrere rote Linien überschritten.

Stand:

In der Stahlsparte von Thyssenkrupp soll die Zahl der Arbeitsplätze binnen sechs Jahren von aktuell rund 27.000 auf circa 16.000 reduziert werden. Wie das Unternehmen in Duisburg ankündigte, sollen 5000 Stellen bis Ende 2030 abgebaut und 6000 weitere Arbeitsplätze durch Ausgliederungen auf externe Dienstleister oder Geschäftsverkäufe ausgelagert werden.

Die IG Metall spricht angesichts des geplanten Stellenabbaus bei Thyssenkrupp Steel von einer „Riesenprovokation“ und sieht keinen Verhandlungsspielraum bei dem Thema. „Wir verhandeln das erst gar nicht. Punkt!“, erklärte Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender von Thyssenkrupp Steel, in einem am Dienstag veröffentlichten Flugblatt. „Betriebsbedingte Kündigungen, Standortschließungen – dies sind unsere roten Linien, die wir immer wieder gezogen haben. Der Konzern überschreitet sie.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Das Unternehmen, das mehrheitlich dem Industriekonzern Thyssenkrupp gehört, reagiert mit dem Schritt auf die Nachfrageschwäche am Stahlmarkt. Die Produktionskapazitäten sollen von derzeit 11,5 Millionen Tonnen pro Jahr auf nur noch 8,7 bis 9,0 Tonnen gesenkt werden. Das entspreche der Versandmenge des vergangenen Geschäftsjahres.

16.000
Stellen sollen bei der Stahlsparte von Thyssenkrupp wegfallen.

Man wolle für möglichst viele Beschäftigte langfristige Perspektiven schaffen, sagt Thyssenkrupps Stahlchef Dennis Grimm. Deshalb werde man sich durch gezielte Kapazitätsanpassungen und Kostensenkungen an die veränderten Marktbedingungen anpassen. „Um uns zukunftsfest aufzustellen, ist eine umfassende Optimierung und Verschlankung unseres Produktionsnetzwerkes und unserer Prozesse notwendig.“

Über die Zukunftspläne für die Stahlsparte war es im Sommer zu heftigem Streit gekommen. Im August traten der damalige Chef von Thyssenkrupp Steel, Bernard Osburg, und zwei weitere Vorstände sowie vier Mitglieder des Aufsichtsrats zurück, unter ihnen der frühere SPD-Spitzenpolitiker Sigmar Gabriel. Daraufhin wurden zwei Gutachten in Auftrag gegeben, eines zur kurzfristigen Fortführungsprognose, eines zur langfristigen Perspektive der Stahlsparte. 

Die IG Metall kritisierte das Konzept als unzureichend und bemängelte vor allem das Fehlen einer langfristigen Finanzierungsstrategie. Zwar sei die Finanzierung für die nächsten zwei Jahre gesichert, doch darüber hinaus gebe es keine Zusage. Eine solche bleibe jedoch eine der unverhandelbaren Forderungen der IG Metall. „Billiger statt besser – das ist mit uns nicht zu machen“, erklärte Giesler. „Zu einem Zukunftskonzept gehören auch Ideen, nicht nur Schließungen und Kürzungen mit dem Rasenmäher.“ Solange betriebsbedingte Kündigungen und Standortschließungen nicht wieder vom Tisch seien und keine langfristige Finanzierung stehe, werde sich die Gewerkschaft nicht mit dem Vorstand an einen Tisch setzen.

Stahlsparte soll eigene Wege gehen

Parallel zu dem Sparprogramm will die Konzernmutter Thyssenkrupp die Verselbstständigung des Stahlbereichs vorantreiben. Derzeit hält das tschechische Energieunternehmen EPCG des tschechischen Milliardärs Daniel Křetínský schon 20 Prozent, in einem nächsten Schritt soll dieser Anteil auf 50 Prozent steigen.

Deutschlands größte Stahlfirma ist schon lange unter Druck, Billigimporte aus Asien, hohe Kosten und eine schwache Nachfrage haben zu verlustreichen Geschäften geführt. Im Sinne des Klimaschutzes sind zudem hohe Investitionen nötig, um die CO₂-Bilanz der energieintensiven Stahlproduktion zu verbessern. In Duisburg soll in der Zukunft mit Wasserstoff „Grünstahl“ produziert werden, der Bund und das Land NRW fördern eine teure neue Anlage mit insgesamt zwei Milliarden Euro.

Trotz der kräftigen Finanzspritze des Staates ist das Vorhaben für Thyssenkrupp Steel eine teure Sache. Medienberichten zufolge war intern über einen Ausstieg aus dem Vorhaben nachgedacht worden. Nun betont das Unternehmen, dass man an dem Plan festhalte, die bereits im Bau befindliche Direktreduktionsanlage fertigzustellen. Gleichzeitig führe man „konstruktive Gespräche“, „um die Wirtschaftlichkeit dieses großen Investitionsprojekts unter den sich schnell verändernden Rahmenbedingungen sicherzustellen“.

Habeck spricht sich für Entlastungen der Stahlbranche aus

Der Grünen-Politiker erklärte in Berlin: „Die Entscheidung des Konzerns ist Ergebnis des großen Drucks, unter dem die Stahlindustrie seit vielen Jahren weltweit steht.“ Es gebe große globale Überkapazitäten, der internationale Wettbewerb sei entsprechend hart.

Zum Schutz der Stahlindustrie habe Habeck sich deshalb gemeinsam mit anderen EU-Mitgliedstaaten erfolgreich für eine Verlängerung der aktuell geltenden EU-Schutzmaßnahmen gegen Stahlimporte bis zum 30. Juni 2026 eingesetzt. Auch der klimafreundliche Umbau der Stahlindustrie solle weitergehen. (dpa, AFP, Reuters)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })