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Teuerste Brände in der Geschichte Kaliforniens?: Auf Versicherer kommen Schäden in Milliardenhöhe zu
Trotz der Waldbrandgefahr waren die Versicherungsprämien in den Vororten von Los Angeles oft niedrig. Fachleute rechnen mit hohen Kosten für die Konzerne.
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Mit einem versicherten Schaden von rund 20 Milliarden Dollar könnten die Waldbrände in und um Los Angeles die teuersten in der Geschichte Kaliforniens werden.
Die Rechnung müssen Fachleute zufolge wohl vor allem die großen US-Versicherer wie Allstate, Travelers und Chubb zahlen. Sie stehen hinter dem kalifornischen „Fair Plan“-Versicherungspool, der Häuser in gefährdeten Regionen unter die Fittiche nimmt, die sonst keine Police mehr bekämen.
Europäische Rückversicherer wie Münchener Rück und Swiss Re kämen glimpflicher davon als bei der „Camp Fire“- und „Woolsey Fire“-Waldbrandserie vor sechs Jahren, die nach heutigen Preisen zusammen 17,8 Milliarden Dollar kostete.
Denn die großen Rückversicherer hätten in den vergangenen Jahren die üblichen Selbstbehalte drastisch erhöht. Der Betrag, den das Erstversicherungsunternehmen selbst tragen muss, bevor es auf seinen Rückversicherungsschutz zugreifen kann, stieg von 100 Millionen auf 400 Millionen Dollar, schrieb Berenberg-Analyst Michael Huttner am Freitag.
Nachfrage steigt auch wegen des Klimawandels
Zudem spielten die Rückversicherer bei Policen für private Hauseigentümer traditionell eine geringere Rolle als in der Industrieversicherung, wo es um höhere Schadenssummen geht. Die Rückversicherer können ihre Marktmacht derzeit auch in den Konditionen ausspielen, weil die Nachfrage nach Naturkatastrophen-Deckungen wegen des Klimawandels steigt.
Hatte Swiss Re damals 375 Millionen Dollar zahlen müssen, wären es heute nur 160 Millionen, sagt Huttner. Bei Marktführer Münchener Rück wären es nur noch 220 statt 500 Millionen Dollar. Die Beträge entsprächen jeweils etwa acht Prozent des jährlichen Großschadenbudgets, änderten also nichts an den Gewinnerwartungen.
Unter Europas Erstversicherern am stärksten betroffen sein könnte laut Huttner Zurich, die nicht nur selbst in der Firmenversicherung aktiv ist, sondern auch als Rückversicherer für Farmers auftritt, den zweitgrößten Versicherer Kaliforniens.
Insgesamt haben die Wald- und Buschfeuer bisher mehr als 10.000 Häuser und andere Gebäude zerstört, 13.750 Hektar Land sind verbrannt.
Der „Fair Plan“-Versicherungspool
Im Vorort Pacific Palisades zwischen Santa Monica und Malibu, wo die Feuer den größten Schaden angerichtet haben, seien die meisten Hausbesitzer über den „Fair Plan“-Pool versichert.
Nach dem 1968 eingeführten System, das von der kalifornischen Aufsichtsbehörde überwacht wird, teilen sich die größten Versicherer die Kosten, je nach ihrem Marktanteil in dem Bundesstaat. Auf sie könnten bis zu sechs Milliarden Dollar zukommen. Sie haben nach einem Bericht des zu Thomson Reuters gehörenden Fachmagazins „The Insurer“ wiederum Zugriff auf 2,63 Milliarden Dollar an Rückversicherungsschutz.
Die Investmentbank JPMorgan hatte ihre Schadenschätzung für die in der dicht besiedelten Region um Los Angeles tobenden Waldbrände am Donnerstag auf 20 Milliarden Dollar verdoppelt. Die Versicherer und Rückversicherer selbst halten sich noch mit Schätzungen zurück.
Niedrige Prämien trotz hoher Waldbrandgefahr
Nach einer Studie der Ratingagentur Moody's haben viele Gebäudeversicherer in Kalifornien nach der Waldbrandserie von 2017 und 2018 die Verträge nicht erneuert, die Bedingungen verschärft und die Eigentümer aufgefordert, ihre Häuser besser vor Waldbränden zu schützen.
Wegen der Waldbrände, aber auch wegen anderer Naturkatastrophen sind die Gebäudeversicherungs-Prämien in den vergangenen Jahren schon deutlich erhöht worden. Viele Eigentümer wechselten daher zum „Fair Plan“, der aber nur beschränkten Schutz biete und oft noch teurer sei als einzelne Versicherer.
Seit 1980 brannten in und um Pacific Palisades mindestens sechsmal Wild- und Buschfeuer. Trotz des hohen Waldbrandrisikos gehörten die Prämien gerade in den wohlhabenden Vororten von Los Angeles aber noch zu den niedrigsten in den USA, wie Analysten sagen. Das liege auch daran, dass die Versicherungsaufsicht in Kalifornien die Preise streng reguliert. „Aber das könnte sich jetzt allmählich ändern“, sagt Versicherungsprofessor Philip Mulder von der University of Wisconsin.
Der Finanzwissenschaftler Sangmin Oh von der Columbia Business School hat herausgefunden, dass Versicherungskunden in anderen Bundesstaaten die Prämien in Kalifornien quersubventionieren. In 30 Bundesstaaten der USA sei die Durchschnittsprämie 2023 höher gewesen als die 2200 Dollar pro Jahr in Kalifornien. (Reuters)
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