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Wirtschaft: Tui plant Übernahme von First Choice

Durch Fusion mit den Briten will Konzernchef Frenzel Marktführerschaft im Tourismusgeschäft ausbauen

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Düsseldorf - Auf dem Tourismusmarkt steht offenbar eine zweite große Übernahme bevor. Tui-Chef Michael Frenzel will die touristischen Aktivitäten des Reise- und Schifffahrtskonzerns mit dem britischen Reiseveranstalter First Choice verschmelzen. Die neue Firma soll dann als eigenständige Konzerntochter an der Londoner Börse gehandelt werden, erfuhr das „Handelsblatt“ aus Kreisen, die mit den Verhandlungen vertraut sind.

Mit einem Umsatz im Reise- und Fluggeschäft von rund 18 Milliarden Euro hätte die neue Gesellschaft wieder einen deutlichen Vorsprung vor dem Branchenzweiten, der Karstadt-Quelle-Tochter Thomas Cook. Diese hatte vor einigen Wochen die Fusion mit der britischen Gesellschaft My Travel und Börsenpläne in London angekündigt. Der neue Thomas-Cook-Konzern käme auf einen Jahresumsatz von zwölf Milliarden Euro.

Über den Deal zwischen Marktführer Tui und First Choice, der Nummer vier des Tourismusmarktes in Europa, wurde gestern noch bis in die Abendstunden verhandelt. Ein Ergebnis lag bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht vor. Der Tui-Aufsichtsrat war am Sonntagnachmittag zu einer Sondersitzung zusammengekommen. Einzelheiten des Geschäfts will Frenzel am heutigen Montag in Hamburg bekannt geben.

Sollten die Verhandlungen nicht noch in letzter Minute scheitern, soll das Geschäft laut „Handelsblatt“-Informationen über wechselseitige Beteiligungen ohne die Zahlung eines Kaufpreises abgewickelt werden. Der Tui-Konzern werde mit Abstand die Mehrheit an der neuen Firma in London halten.

Der britische Tui-Partner gilt in Branchenkreisen als der bei weitem profitabelste Reisekonzern in Großbritannien. In diesem Markt ist der Tui-Konzern seit der Übernahme des Marktführers Thomson Travel präsent. First Choice ist mit rund 15 000 Mitarbeitern in 17 Staaten aktiv. Das Unternehmen hat im Geschäftsjahr 2005/2006 mit einem Umsatz von umgerechnet rund vier Milliarden Euro einen Vorsteuergewinn von 171 Millionen Euro erwirtschaftet. An der Börse wird First Choice zurzeit mit 2,2 Milliarden Euro bewertet.

Das britische Unternehmen wird im Tui-Konzern als ideale Ergänzung zum eigenen Portfolio gesehen, weil es stark in der wachsenden Spezialtouristik der so genannten Baustein-Reisen ist, bei denen sich der Kunde Flug, Hotel, Mietwagen und andere Reise-Bestandteile individuell zusammenstellt. In diesem Bereich ist in Deutschland der zu Rewe gehörende Veranstalter Dertour seit Jahren Marktführer. Die mit den Briten vereinbarte Konstruktion sieht vor, dass sämtliche touristischen Aktivitäten in Europa in die neue britische Aktiengesellschaft überführt und von London aus zentral gesteuert werden sollen. Ausgenommen seien die Hotel-Aktivitäten, die – neben der Sparte Schifffahrt – weiter von Hannover aus betrieben würden.

Verhandlungskreise bestätigten am Sonntag bekannt gewordene Informationen von „La Tribune“, der französischen Partnerzeitung des „Handelsblatts“, wonach First-Choice-Chef Peter Long Vorstandsvorsitzender der neuen Touristikgruppe in London werden soll. Der Manager soll zudem einen Sitz im Holding-Vorstand der Tui erhalten.

In den vergangenen Jahren hatten sich Tui und Thomas Cook einen in Branchenkreisen als ruinös betrachteten Akquisitionswettbewerb um Firmenbeteiligungen geliefert. Dieser hatte Thomas Cook fast in die Pleite geführt und maßgeblich zur hohen Verschuldung der Tui mit rund drei Milliarden Euro geführt.HB

Eberhard Krummheuer

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