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Montagemitarbeiter arbeiten in einem Werk in der Aggregateaufrüstung an Antriebssträngen

© dpa/Sebastian Gollnow

Urteil des BAG: Tarifverträge mit weniger Lohn sind rechtmäßig

Tarifverträge dürfen vom „Equal-Pay-Gebot“ abweichen, hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Damit folgte das Gericht der Rechtsprechung des EuGH.

Leiharbeitnehmer haben nicht automatisch Anspruch auf den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft in ihrem Entleihbetrieb. Von diesem „Equal-Pay-Gebot“ dürfen Tarifverträge unter bestimmten Voraussetzungen für die ersten neun Monate eines Einsatzes abweichen, wie am Mittwoch das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt entschied. Es setzte damit die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg um.

Die Klägerin hatte als Leiharbeiterin Anfang 2017 als Kommissioniererin im Auslieferungslager eines Einzelhandelsunternehmens in Bayern gearbeitet. Laut Zeitarbeits-Tarif erhielt sie 9,23 Euro je Stunde, das Stammpersonal nach ihren Angaben dagegen 13,64 Euro. Mit ihrer Klage verlangt sie die Auszahlung der Differenz für vier Monate, insgesamt knapp 1300 Euro.

Das deutsche Arbeitnehmerüberlassungsgesetz lässt tariflich vereinbarte Abweichungen zumindest für die ersten neun Monate einer Überlassung zu.

Auf Vorlage des BAG hatte hierzu im Dezember 2022 allerdings der EuGH entschieden, dass unterschiedliche Löhne nur dann zulässig sind, wenn den Leiharbeitnehmern im Gegenzug anderweitige „Ausgleichsvorteile“ gewährt werden und der „Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer“ gewahrt bleibt.

Das BAG urteilte nun, dass im Fall der Klägerin diese Voraussetzung erfüllt war. Denn es seien gesetzliche und tarifliche „Ausgleichsvorteile“ gleichermaßen zu berücksichtigen. Als Ausgleichsvorteil werteten die Erfurter Richter daher die gesetzliche Klausel, wonach das Risiko verleihfreier Zeiten bei den Leiharbeitgebern liegt.

Hierzu sieht der zwischen der Gewerkschaft Verdi und dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen ausgehandelte Tarifvertrag vor, dass Leiharbeitnehmer Anspruch auf ihren vollen Lohn haben, auch wenn sie gerade nicht „verliehen“ sind. Anders als in vielen anderen EU-Staaten gelte dies auch für befristete Leiharbeitsverträge, betonte das BAG.

Zudem gelte laut Gesetz auch für Leiharbeitnehmer zumindest der Mindestlohn. Auch sei die Möglichkeit eines niedrigeren Lohns grundsätzlich auf die ersten neun Monate einer Überlassung begrenzt, hoben die Richter hervor.

Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, forderte nach der Urteilsverkündung die Bundesregierung auf, „das Lohndumpinginstrument der Tariföffnungsklauseln aus dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zu streichen“. (AFP)

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