zum Hauptinhalt
Ein Schild mit dem Schriftzug "Ich bin dann mal weg..." hängt an einem Bürostuhl

© Kitty Kleist-Heinrich

Urteil des Bundesarbeitsgerichts: „Quittung über Urlaubsbelehrung“

Das aktuelle Urteil des Bundesarbeitsgerichts stärkt die Rechte der Arbeitnehmer massiv, meint der Arbeitsrechtsprofessor Michael Fuhlrott. Ein Interview.

Herr Fuhlrott, laut einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts müssen Arbeitgeber ihre Beschäftigten von nun an auffordern, noch nicht beantragten Urlaub zu nehmen und darauf hinweisen, dass er sonst verfällt. Wie groß wird dieser Aufwand für die Arbeitgeber werden – oder schaffen die das nebenbei?

Arbeitgeber müssen nach dem Urteil „konkret und in völliger Transparenz“ dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter den ihnen zustehenden Urlaub auch tatsächlich nehmen können. Diese Belehrung muss auch den Hinweis enthalten, dass der Urlaub andernfalls verfallen kann. Für das laufende Jahr werden Arbeitgeber nach der aktuellen Entscheidung sicherlich ihre Arbeitnehmer entsprechend unterrichten – sei es durch E-Mail, Aufdruck auf der Lohnabrechnung oder gesonderte Schreiben. Für die Folgejahre ist davon auszugehen, dass Arbeitgeber jeweils zum Jahresanfang ihre Arbeitnehmer erneut belehren müssen. Das bedeutet einen hohen administrativen Aufwand.

Worauf können sich jetzt die Arbeitnehmer einstellen?

Arbeitnehmer können davon ausgehen, dass sie künftig über ihr „Urlaubsrecht“ ausführlich belehrt werden. Da den Arbeitgeber die Beweislast für die erfolgte Belehrung trifft, werden sich Arbeitgeber womöglich auch den Empfang quittieren lassen.

Sofern einem noch Resturlaub zusteht – gibt es dann auch einen Anspruch darauf, ihn sich stattdessen auszahlen zu lassen?

Nein. Im laufenden Arbeitsverhältnis ist dies nicht möglich. Der Urlaub dient Erholungszwecken und soll daher grundsätzlich durch Inanspruchnahme der bezahlten Freizeit gewährt werden. Eine Abgeltung kommt nur in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis endet und bei Beendigung noch Resturlaub besteht.

Nach deutschem Recht erlischt doch eigentlich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub meist Ende des Jahres. Kann der Anspruch auf den Jahresurlaub verjähren?

Diese Frage ist noch nicht abschließend geklärt. Eine zeitliche Begrenzung erscheint zwar einerseits sehr sinnvoll, um nicht die Historie der Arbeitsverhältnisse der letzten Jahre aufrollen zu müssen. Andererseits setzt das Bundesarbeitsgericht mit der Entscheidung Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs um. Dieser misst dem Urlaubsanspruch eine besondere Bedeutung zu. Beschränkende Regelungen wie eine Verjährung könnten eine unzulässige Beeinträchtigung darstellen.

Prof. Dr. Michael Fuhlrott ist Professor für Arbeitsrecht an der Hochschule Fresenius sowie Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei der Kanzlei FHM – Fuhlrott Hiéramente & von der Meden Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB in Hamburg.

Zur Startseite