Wirtschaft: US-Wirtschaft kommt nicht auf Touren
Verbraucher greifen lieber zu Importprodukten – und gefährden damit den Dollarkurs
Berlin (brö). Die Wirtschaft in den USA ist von einem kräftigen Aufschwung immer noch weit entfernt. Mehrere Konjunkturindikatoren vom Donnerstag belegen, dass die weltweit wichtigste Volkswirtschaft ein Wachstum wie in den neunziger Jahren in naher Zukunft kaum erreichen wird. Der Index der Frühindikatoren für die wirtschaftliche Aktivität, den das Forschungsinstitut Conference Board errechnet, stagnierte im Januar. Zugleich wuchs wegen der Ausweitung des Handelsdefizits die Sorge um einen weiteren Verfall des USDollar.
Das Conference-Board-Konjunkturbarometer blieb allerdings zum dritten Mal in Folge stabil. Es setzt sich zusammen aus Maßzahlen für den Arbeitsmarkt, die Börsenlage, das Verbrauchervertrauen sowie die Industrie- und Bauaufträge. Händler sahen in der Stagnation ein gutes Zeichen, da der Indikator zuletzt vor eineinhalb Jahren über einen längeren Zeitraum ähnlich stabil geblieben war. Experten erwarten nun, dass die Wirtschaftsleistung in den USA in diesem Jahr um etwa 2,7 Prozent wachsen wird. Die Weltwirtschaft dürfte das nicht nennenswert beflügeln. 2002 lag das Plus bei 2,4 Prozent.
Ob dieses für US-Verhältnisse moderate Wachstum erreicht wird, hängt noch von anderen Entwicklungen ab – vor allem vom Fortgang der Irak-Krise. Aber auch die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ist wichtig. Die Zunahme der Anträge auf Arbeitslosenhilfe in der vergangenen Woche spricht nicht für eine schnelle Erholung: 402 000 Menschen beantragten staatliche Unterstützung – einer Daumenregel zufolge verschärfen sich die Probleme auf dem Jobmarkt, wenn die Marke von 400 000 überschritten wird.
Auch die Handelsbilanz Amerikas macht Volkswirten Sorgen. Sie rutscht immer weiter ins Minus, was zu einem Wechselkursverfall des Dollar führen könnte. Der Saldo aus Einfuhren und Ausfuhren ist 2002 auf den Rekordstand von 435,2 Milliarden Dollar gestiegen. Damit lag er deutlich über dem bisherigen Rekorddefizit von 378,7 Milliarden Dollar im Jahr 2000, teilte das Handelsministerium in Washington mit. Allein im Dezember hatte sich das Defizit unerwartet um 10,2 Prozent auf 44,2 Milliarden Dollar ausgeweitet.
Schuld daran ist das Kaufverhalten der US-Verbraucher. Sie gaben ihr Geld vor allem für ausländische Autos sowie Möbel und Schmuck aus. Zugleich verkauften US-Firmen weniger Waren ins Ausland – im Dezember fielen die Exporte um 2,6 Prozent auf 81,2 Milliarden Dollar. Das lag daran, dass Verbrauchsgüter und Flugzeuge aus den USA im Ausland wenig gefragt waren und dass beim wichtigen Abnehmer Europa die Wirtschaftsflaute anhält.
Eine Folge des Handelsbilanzdefizits könnte ein weiter sinkender Dollarkurs sein. Bereits in den vergangenen Monaten hatte die Leitwährung gegenüber dem Euro verloren, was aber in erster Linie an den weltpolitischen Unsicherheiten lag. Ein weiter fallender Kurs erhöht die Gefahr einer so genannten importierten Inflation, die wiederum das Wirtschaftswachstum schmälern würde. Außerdem müssten die Amerikaner bei einem schwächeren Dollar mehr für Rohstoffe und Proukte zahlen.
Bereits heute ist erkennbar, dass die Gefahr der Geldentwertung in den USA zunimmt. Das Preisniveau für die Einkäufe von Fabriken, Landwirten und anderen Erzeugern stieg im Januar so stark wie seit 13 Jahren nicht mehr, wie die Regierung in Washington mitteilte. Das Plus von 1,6 Prozent geht vor allem auf das Konto steigender Energie- und Autopreise. US-Notenbankchef Alan Greenspan hatte vor kurzem noch versichert, Inflationsgefahren seien nicht in Sicht.
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