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Vorreiter aus Skandinavien: E-Auto-Boom: Oslo, wir haben ein Problem

Die Norweger sind schon viel weiter als wir in Deutschland - und bereit für das Elektroauto. Das führt zu Lieferschwierigkeiten und anderen Problemen.

Das Ziel ist ehrgeizig: Ab 2025 sollen in Norwegen nur noch emissionsfreie Autos zugelassen werden. Schon jetzt liegt das Land in Sachen Elektroautos weltweit vorn – Tendenz steigend. Lag der Anteil von E-Autos an Neuzulassungen im Jahr 2013 noch bei 5,5 Prozent, waren es 2017 schon 20,8 Prozent. Rund 33 000 E-Autos kauften die Norweger im vergangenen Jahr. Für 2018 rechnet der Norwegische Elektroautoverband, Norsk Elbilforening, mit mehr als 50 000. „Die Norweger sind bereit für das Elektroauto – Probleme gibt es vor allem bei den Lieferkapazitäten“, sagt die Generalsekretärin des Verbandes, Christina Bu. Tausende Interessenten sind derzeit auf Wartelisten registriert, nicht zuletzt für die neuen Modelle mit größeren Stromreichweiten. Die Hersteller, mutmaßt Bu, hätten die Dynamik der norwegischen Entwicklung unterschätzt. Angesprochen sind damit ausländische und deutsche Hersteller, denn Norwegen hat keine eigene Autoindustrie.

Daheim setzt sich der Staat kräftig für die Förderung von E-Autos ein. Während beim Kauf von Wagen mit Verbrennungsmotor eine Steuer anfällt, die abhängig von Fahrzeuggewicht und Emissionen bis zu rund 10 000 Euro betragen kann, entfällt diese beim E-Auto, ebenso wie Mehrwert- und Kfz-Steuer. Die E-Variante vieler Autos ist in der Anschaffung daher sogar günstiger. Zudem waren Stromer bis vor kurzem von Maut-, Fährtransport- und Parkgebühren befreit. Inzwischen dürfen solche Abgaben erhoben werden, aber nur bis zu 50 Prozent des Normalpreises.

In Oslo sind 40 Prozent der registrierten Neuwagen Elektroautos

Was den E-Autofahrer erfreut, ist nicht unumstritten. Auch diese Fahrzeuge beanspruchen Platz – zumal in den von Staus und Parkplatzmangel geplagten Großstädten –, und mit dem sinkenden Anteil von „Umweltsündern“ kommt weniger Geld in die öffentlichen Kassen. Mittlerweile ist das Parken in vielen Kommunen nicht mehr gratis. Seit März zahlen E-Autofahrer auf den Fähren an den Hauptverkehrsstrecken.

In der Hauptstadt Oslo, wo rund 40 Prozent der registrierten Neuwagen E-Autos sind, fällt ab kommendem Jahr die Mautbefreiung weg. Mit rund einem Euro pro Passage sind die Stromer dann aber immer noch mit nur einem knappen Viertel der Abgabe eines Dieselfahrers dabei. Den Staat kostet allein der Verzicht auf Kauf- und Mehrwertsteuer laut dem Transportökonomischen Institut TØI jährlich rund 200 Millionen Euro. Die seit Januar amtierende konservativ geführte Regierung hatte daher zunächst die Wiedereinführung der einmaligen Kaufabgabe angepeilt. Nach massiven Protesten sind die Pläne nun aber vom Tisch; die Sonderregelung für E-Autos bleibt bis mindestens 2020 bestehen.

Der Bestand an öffentlichen Ladesäulen wächst in der norwegischen Hauptstadt jährlich um 25 Prozent

Im Vordergrund der Debatte steht damit wieder die größte Herausforderung auf dem Weg in eine emissionsfreie Zukunft: Die Ladekapazitäten können mit dem Auto-Boom nicht mithalten. Zwar ist seit vergangenem Jahr auf den Hauptverkehrsstraßen die Vorgabe von zwei Schnellladesäulen alle 50 Kilometer erreicht, und die Großstädte rüsten stetig auf. In einer landesweiten Untersuchung gab aber kürzlich die Hälfte der 12 500 Befragten an, aufs Turboladen „oft“ oder „manchmal“ warten zu müssen. Angespannt ist die Lage laut Christina Bu vor allem in Oslo – auch, weil 70 Prozent der Osloer in einer Wohnung und nicht im Häuschen mit Garage wohnen, wo das Auto unkompliziert aufgeladen werden kann. Seit vergangenem Jahr gibt die Kommune ein Fünftel dazu, wenn private Wohnungsgesellschaften ihre Parkplätze und Garagen mit Ladern ausstatten. Neubauten müssen entsprechende Kapazitäten einplanen. Bislang wächst der Bestand an öffentlichen Ladesäulen in der Hauptstadt jährlich um etwa 25 Prozent. „Der Staat investiert seit langem in die Ladeinfrastruktur. Interessant ist, dass der E-Auto-Boom solche Investitionen auch für kommerzielle Akteure immer attraktiver macht“, betont Bu. So will Tesla im Großraum Oslo in diesem Jahr rund 40 Schnellladesäulen bauen.

Damit Elektromobilität auch auf dem Land ankommt, will der Staat dort Ladesäulen durch öffentliche wie private Investoren fördern. Was wünscht sich der Durchschnittsnorweger? Vor allem mehr großräumige Modelle – für Fahrten ins Grüne, wenn es mit Kindern und Hund zum Wandern geht.

Weitere Texte zur Mobilität der Zukunft finden Sie auf unserer Themenseite.

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