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Volkswagen gerät im Abgas-Skandal weiter unter Druck.

© picture-alliance/ dpa/dpaweb

Abgas-Skandal bei Volkswagen: VW muss deutschen Kläger entschädigen

Volkswagen muss dem Käufer eines vom Diesel-Skandals betroffenen Skodas den Neupreis des Wagens erstatten. Das entschied das Landgericht in Hildesheim.

Im juristischen Ringen um Schadenersatz für VW-Käufer hat das Hildesheimer Landgericht den Autobauer wegen "sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung" zur Rückzahlung des Neupreises an einen vom Dieselskandal betroffenen Skoda-Kunden verurteilt. Die Software zur Abgaswertsenkung sei ein "gesetzeswidrige Manipulation der Motorsteuerung, die gegen europäische Vorgaben zur Typgenehmigung bei Kraftfahrzeugen verstößt", erklärte es in seinem am Dienstag veröffentlichten Beschluss (Az. 3 O 139/16). Das Urteil ist nach Angaben des niedersächsischen Gerichts nicht rechtskräftig. VW steht der Gang in die Berufung offen. Bundesweit gibt es hunderte Zivilverfahren an Landgerichten, die Käufer gegen Autohäuser oder den VW-Konzern angestrengt haben. Die dabei herangezogenen Begründungen sind unterschiedlich. In schon beendeten Verfahren entschieden Richter uneinheitlich. Entscheidungen höherer Instanzen gibt es noch nicht.

Die Abgas-Manipulation wurden vor anderthalb Jahren publik

VW hatte vor bald anderthalb Jahren zugegeben, bei weltweit elf Millionen Diesel-Pkw unterschiedlicher Konzernmarken eine Software aufgespielt zu haben, die den Ausstoß bestimmter Abgase bei Testläufen künstlich reduziert. In den USA willigte Volkswagen auf Druck der Behörden in ein automatisches Entschädigungsprogramm für Käufer ein. In Deutschland ist die Rechtslage jedoch anders. Hier müssen Kunden Ansprüche einklagen.
Durch die Manipulation sei dem Käufer "in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Art und Weise" ein Schaden zugefügt und obendrein der Tatbestand des Betrugs erfüllt worden, erklärte das Landgericht. Dieser habe nicht den ihm laut Vertrag zustehenden technisch einwandfreien, allen gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Wagen erhalten. Weiter teilte das Gericht mit: "Kein verständiger Kunde würde ein Fahrzeug mit einer nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware erwerben." Es sei kein "Kavaliersdelikt", sondern "Verbrauchertäuschung". Der Kläger habe Anspruch auf Rückzahlung des vollen Kaufpreises von rund 26.500 Euro und nicht nur auf Ausgleich etwaigen "Minderwerts".

Betrug verpflichtet den Hersteller zur Zurücknahme seiner Waren, argumentiert die Kanzlei Hausfeld

Auch Juristen der bekannten großen Anwaltskanzlei Hausfeld hatten kürzlich eine im Auftrag des Rechtedienstleisters Myright erstellte Klage vorgestellt, die auf einer vergleichbaren Argumentation beruht. Demnach führt die Verwendung der Software nach Maßgabe des Typgenehmigungsverfahrens automatisch zum Erlöschen der Betriebserlaubnis. Das ist nach Darstellung der Hausfeld-Juristen als ein Betrug im Sinne des sogenannten Deliktsrechts zu werten und verpflichtet den Hersteller zur Rücknahme gegen Auszahlung des Kaufpreises. In der überwiegenden Mehrzahl sind Klagen dagegen anders begründet: Sie berufen sich auf Mängelgewährleistungsansprüche nach dem sogenannten Kaufrecht. Diese richten sich in der Regel gegen Vertragshändler und nur dann gegen den Konzern, wenn er auch Verkäufer war. Es gab dabei indes auch schon Urteile, bei denen Klägern unter Verweis auf "arglistige Täuschung" das Recht auf Rückabwicklung zuerkannt wurde. Nach Angaben der Hausfeld-Juristen gilt der Nachweis von Betrug wegen "sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung" laut Paragraf 826 des Bürgerlichen Gesetzbuchs allgemein als schwierig, weil er detaillierte Kenntnisse interner Vorgänge und Abläufe voraussetzt.

Das Hildesheimer Landgericht geht von Vorsatz aus

Die zuständige dritte Zivilkammer des Hildesheimer Landgerichts erklärte dazu, sie müsse "mangels entgegenstehender Anhaltspunkte" davon ausgehen, dass der Einsatz der Manipulationssoftware "vorsätzlich" erfolgte. Zwar habe VW die Einzelheiten im Prozess nicht dargelegt. Es sei angesichts der "wirtschaftlichen Reichweite" allerdings auch nicht anzunehmen, dass die Entscheidung "am unteren Ende der Betriebshierarchie" getroffen worden sei. AFP

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