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IWF-Chefin Kristalina Georgiewa hat bereits deutlich gemacht, dass die Konjunkturprognose gesenkt wird.

© dpa / Liu Jie

Inflation, Krieg, Corona: IWF senkt Wachstumsprognose für 2023 auf 2,7 Prozent

Am Dienstagnachmittag legte der Internationale Währungsfonds seinen Ausblick für das Weltwirtschaftswachstum vor. Die IWF-Chefin warnt vor einer globalen Rezession.

Gute Nachrichten vom Internationalen Währungsfonds (IWF) wurden schon vorab nicht erwartet. Die Organisation legte am Dienstagnachmittag ihre neue Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft vor: Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine wird die Wachstumsprognose erneut herabgestuft, auf nunmehr 2,7 Prozent.

Es ist die schwächste Prognose seit 20 Jahren - mit Ausnahme der Vorhersagen während der Pandemie und der Weltfinanzkrise. Hohe Inflation, der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die Folgen der Corona-Pandemie lasten schwer auf der Weltwirtschaft.

In den vergangenen Monaten hat der IWF seine Prognosen mehrfach nach unten korrigiert, auf zuletzt 2,9 Prozent für das Jahr 2023. Die IWF-Chefin hatte erst am Montag vor dem Risiko einer globalen Rezession gewarnt. Bereits im Juli hatte der IWF „düstere Aussichten“ für die Weltwirtschaft präsentiert.

Entscheidend sei nun, ob mit strenger Geldpolitik die Inflation zurückgehe, hieß es vom IWF. Allerdings könnten die hohen Zinsen eine Schuldenkrise in einkommensschwachen Ländern auslösen. Düster sind die Aussichten auch für Deutschland.

Deutschland trifft die Energiekrise besonders hart

In seiner neuen Prognose rechnet der IWF in diesem Jahr mit einem globalen Wachstum von 3,2 Prozent - das ist keine Veränderung zu der Vorhersage im Juli. Das prognostizierte Wachstum im Jahr 2023 ist mit 2,7 Prozent aber 0,2 Prozentpunkte geringer als noch im Sommer angenommen.

Auch Europa leidet unter Rekordinflation und Konjunktureinbruch. Im Euroraum soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) demnach im kommenden Jahr nur noch um 0,5 Prozent wachsen - eine deutliche Herabstufung im Vergleich zur vorigen Prognose.

Vor allem Deutschland trifft die Energiekrise hart. Für Deutschland sagt der IWF für 2023 sogar einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent voraus. Mehr als ein Drittel der Weltwirtschaft werde 2023 schrumpfen, warnte der IWF. In den drei größten Volkswirtschaften - den USA, der Europäischen Union und China - werde das Wachstum stagnieren.

„Kurz gesagt, das Schlimmste kommt noch, und für viele Menschen wird sich 2023 wie eine Rezession anfühlen“, beschreibt IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas die düsteren Aussichten im Vorwort des Berichts. „Während sich Gewitterwolken zusammenbrauen, müssen die politischen Entscheidungsträger eine ruhige Hand bewahren.“

2,7
Prozent Wirtschaftswachstum prognostiziert der IWF für 2023

„Für die Jahre 2023 und 2024 wird eine Abkühlung der Inflation erwartet“, heißt es weiter in dem Bericht. In diesem Jahr rechnet der IWF in den Industriestaaten mit einer Teuerungsrate von 7,2 Prozent, also 0,6 Prozentpunkte mehr als noch im Sommer angenommen. Für das kommende Jahr prognostiziert der IWF dann eine Inflationsrate von im Schnitt 4,4 Prozent - das ist ebenfalls deutlich höher als bisher vorhergesagt.

In Schwellen- und Entwicklungsländern soll die Inflationsrate in diesem Jahr im Durchschnitt 9,9 Prozent betragen, ein Plus von 0,4 Prozentpunkten. Auch im kommenden Jahr wird dort eine hohe Teuerungsrate von 8,1 Prozent erwartet. Der IWF warnt, dass mehrere Faktoren eine Abschwächung der Inflation verlangsamen könnten. Sollte es noch weitere Schocks bei den Energie- und Lebensmittelpreisen geben, könnten die Verbraucherpreise längerfristig hoch bleiben.

US-Notenbank Fed kämpft mit Zinserhöhungen gegen Inflation

„Die Energiepreise sind und bleiben besonders anfällig mit Blick auf den Verlauf des Krieges in der Ukraine und das mögliche Aufflammen anderer geopolitischer Konflikte“, schreiben die Autorinnen und Autoren des Berichts. Wichtig sei bei der Inflation auch die Rolle der Zentralbanken. Diese müssten sich auf die Eindämmung der Inflation konzentrieren.

In den USA kämpft die Notenbank Fed mit starken Zinserhöhungen gegen die hartnäckig hohe Teuerungsrate. Dabei muss sie allerdings aufpassen, dass die größte Volkswirtschaft der Welt nicht in eine Rezession schlittert. Zuletzt hat sich die Lage am US-Arbeitsmarkt etwas eingetrübt. Trotz der Konjunkturschwäche klagen aber viele Unternehmen über einen Mangel an Arbeitskräften.

Das Schlimmste kommt noch, und für viele Menschen wird sich 2023 wie eine Rezession anfühlen.

Pierre-Olivier Gourinchas, IWF-Chefvolkswirt

Fed-Chef Jerome Powell hatte deutlich gemacht, dass weitere Erhöhungen des Leitzinses zu erwarten sind. Die EZB hatte nach langem Zögern im Juli die Wende hin zu höheren Zinsen eingeleitet. Doch eine weitere Straffung der Geldpolitik in den Industriestaaten erhöhe den Druck auf Kreditkosten in einkommensschwächeren Staaten, so der IWF. Das wäre für die von der Pandemie sowieso schon schwer getroffenen Länder fatal - und hätte auch weltweite Folgen.

„Eine sich ausweitende Schuldenkrise in diesen Volkswirtschaften würde das globale Wachstum stark belasten und könnte eine weltweite Rezession auslösen.“ Der IWF betont, dass die Prognosen außerordentlich unsicher seien. Die zukünftige Entwicklung der Weltwirtschaft hänge entscheidend von der Geldpolitik, dem Verlauf des Krieges in der Ukraine und möglichen weiteren pandemiebedingten Störungen - etwa in China - ab.

„In den vergangenen drei Jahren haben wir unvorstellbare Ereignisse erlebt, die erhebliche Folgen haben. Covid ist immer noch bei uns, der Einmarsch Russlands in die Ukraine hat überall dramatische Folgen“, sagte Georgiewa.

Für diese Staaten sind nicht nur die hohen Zinsen sondern auch der starke US-Dollar ein großes Problem. Viele Länder haben während der Pandemie hohe Kredite aufgenommen - auch in Dollar. Die Kreditkosten verteuern sich für sie, auch Anleger dürften sich eher in Richtung USA orientieren. (dpa)

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