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Schalke gegen Dortmund. Den Revierknaller können „Fifa“-Nutzer ab diesem Montag auf der Konsole nachspielen. Dann beginnt die virtuelle Bundesliga, in der Computerspieler gegeneinander antreten. Ein Versuch, das Geschäft zu beleben.

© EA

Computerspiele: Warten auf den großen Treffer

„Fifa 13“ soll Electronic Arts aus den roten Zahlen bringen. Die Spielebranche ist im Umbruch.

In der Computerspielebranche deutet sich das große „Sauriersterben“ an: Seit mehr als 30 Jahren entwickeln und vertreiben die Firmen Electronic Arts und Activision Computer- und Videospiele. Sie sind damit in der jungen Branche so etwas wie Ford oder Daimler in der Autoindustrie. Und sie stehen vor dem Problem: Wie verkaufe ich ein Auto, wenn jeder kostenlos Bahn fahren darf? Die Antwort lautete bisher: mehr PS.

Der frühere Branchenprimus Electronic Arts (EA), die heutige Nummer fünf der Welt, setzt auf teure Großprojekte: Die Entwicklungskosten für das gerade erschienene Fußballspiel „Fifa 13“ liegen nach Aussage des Geschäftsführers von EA Deutschland, Olaf Coenen, im hohen zweistelligen Millionenbereich. Hinzu kommen die Lizenzgebühren für den Fußballverband Fifa beziehungsweise die Deutsche Fußball-Liga. Wie hoch die ausfallen, darüber herrscht Stillschweigen. Eine Handvoll Toptitel im Jahr brauche man aber, um das finanzieren zu können. „Es gibt keinen Grund, an dieser Strategie etwas zu ändern“, sagt Coenen. Gerade hat der Konzern schätzungsweise um die 200 Millionen Dollar Entwicklungskosten in den Sand gesetzt, weil ein „Star Wars“-Online-Spiel floppte.

Das belastet die Geschäftszahlen: Für das laufende Jahr prognostiziert EA einen Verlust von 100 Millionen Euro, fast schon eine positive Nachricht angesichts der zwei Milliarden Dollar Verlust in den letzten drei Jahren. Das Unternehmen kommt trotz Rekordverkaufszahlen bei der Fußballspiel-Reihe „Fifa“ und kräftigen Umsatzsteigerungen nicht in die Gewinnzone.

Auch beim größten Konkurrenten von EA läuft es nicht gut: Der französische Medienkonzern Vivendi hatte nach einem 13prozentigen Gewinnrückgang im ersten Halbjahr 2012 vergeblich versucht, seine Tochter Activision Blizzard loszuwerden. Die Firma hat das wohl bekannteste Computerspiel der Welt, „World of Warcraft“, entwickelt, das aber mittlerweile ein Ladenhüter ist. Die Kundenzahlen sind rückläufig, daran können bisher auch neu erscheinende Titel nichts ändern. Die Geschäftsleitung von Activision Blizzard Deutschland wollte sich dazu nicht äußern.

Steigende Umsätze und sinkende Gewinne: Die traditionellen Märkte im PC- und Videospiel-Bereich, die über Jahre gut liefen, verlieren an Bedeutung. Bei den Gelegenheitsspielen für Mobiltelefone und Internetbrowser, die derzeit in der Branche heiß diskutiert werden, sind die Margen eng. „Die Industrie richtet sich gerade selbst hin“, sagt Carsten Fichtelmann, Geschäftsführer des mehrfach mit dem deutschen Spielepreis prämierten Entwicklers Daedalic aus Hamburg. Es sei nicht vernünftig, Spiele für mobile Geräte wie das iPad oder Smartphones für 79 Cent quasi zu verschenken. Damit könnten die Entwicklungskosten langfristig nicht eingespielt werden. Gerade Zugpferde wie die „Fifa“-Reihe von EA lassen sich mit mobilen Erlösen allein nicht füttern. „Keiner hat etwas davon, wenn Lizenzkosten in die Höhe steigen“, sagt Coenen mit Blick auf die Zusammenarbeit mit Fifa und Bundesliga.

Seit 1998 vergibt die Deutsche Fußball-Liga (DFL) die Bundesligarechte an EA, an diesem Montag startet das neueste Projekt. Dann können Spieler des neuen „Fifa 13“ stellvertretend für die echten Bundesliga-Vereine um die virtuelle Deutsche Meisterschaft spielen. Die Liga ist Teil eines neuen Drei-Jahres-Vertrags zwischen EA und DFL. Unterstützt wird das Ganze von Bundesliga-Spielern wie Marc-André Ter Stegen von Borussia Mönchengladbach oder André Schürrle von Bayer 04 Leverkusen. Allerdings dürfen nur Konsolenspieler an der virtuellen Liga teilnehmen, denn der PC-Markt ist inzwischen zu klein, um dort kostendeckend eine Infrastruktur bereitzustellen. Nur acht bis neun Prozent der Kunden spielten Fifa noch auf dem heimischen PC. DFL und EA sind zuversichtlich, dass die Liga einschlägt. Virtuelle Ligen sind in Asien zum Teil beliebter als echte Sportveranstaltungen.

„Es ist eine Win-win-Situation für die Spielehersteller und die Bundesliga“, sagt Marketing-Experte Klaus Peter-Wiedmann von der Uni Hannover. Die Bundesligavereine erreichen durch das Spiel ein Millionenpublikum. Die Spielehersteller wiederum steigern mit der Lizenz die Bekanntheit des Produkts und können Werbung unterbringen. Gerade bei Fußball-Videospielen würde etwa Bandenwerbung nicht als störend empfunden, sondern steigere das authentische Fußball-Erlebnis: eine ideale Werbeplattform.

Doch für die Branche insgesamt ist Werbung allein keine Lösung, sagt eine Studie von PriceWaterhouseCoopers (Pwc) über den deutschen Videospielmarkt. Die Hersteller müssten permanent Neues bieten, wenn sie den Kunden halten wollen. Deshalb würde der Verkauf von Extras innerhalb von kostenfreien Online-Spielen zunehmend wichtiger. Etwa zusätzliche Waffen, mit denen der Spieler seine Gegner leichter besiegen kann. Einerseits um den Spieler bei der Stange zu halten und andererseits, um im noch schmalen Online-Markt Geld zu verdienen.

Ein Prinzip, das sich die Spieleindustrie aus einer anderen Branche abgeschaut hat, weiß Fichtelmann: „Das ist wie Zigaretten verkaufen.“

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