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"Save the USPS - Rettet den US-Postal Service": Gefeierte Zusteller.

© AFP

Trumps Kampf gegen die US-Post: Wenn Medikamente und Gehaltschecks nicht mehr ankommen

Nicht nur im Wahlkampf arbeitet Donald Trump an der Demontage des US Postal Service. Dabei sind dessen Dienste für viele Amerikaner existenziell.

Stand:

„Weder Schnee noch Regen, weder Hitze noch Dunkelheit der Nacht halten die Postboten davon ab, zügig ihre Runden zu drehen.“ Viele Amerikaner glauben, der Satz sei das offizielle Motto des US Postal Service (USPS), so eng ist er mit der langen Geschichte verknüpft. Als Filialen noch Kathedralen waren, wurde der Spruch auf der Hauptpost in Manhattan verewigt.

Den Gründungsvätern der USA war der Aufbau der Post so wichtig, dass sie sie in der Verfassung erwähnten. In der Gegenwart des Präsidentschaftswahlkampfes 2020 steht die Institution aber nicht nur im Zentrum von politischen Manövern. Es geht auch um ihre Zukunft über den 3. November hinaus. Schon heute kommen Medikamente und Gehaltsschecks in vielen ländlichen Regionen nicht mehr an.

"Amazon ist das größte Problem der Post"

Landesweit zählt der USPS noch mehr als 31.000 Filialen, 230.000 Fahrzeuge und 600.000 Mitarbeiter. Postchef Louis DeJoy lässt aber gerade landesweit Briefkästen abbauen und Verteilzentren verkleinern, um den Sparauftrag des US-Präsidenten umzusetzen.

Donald Trump ist die Post schon lange ein Dorn im Auge, was auch mit einer Dauerfehde mit Amazon-Chef Jeff Bezos zu tun hat. Schon länger bemängelt der Präsident, dass die Post für Amazon die „letzte Meile“ übernehme und dafür angeblich zu wenig Geld verlange. Das sei der Grund für die Verluste der Behörde. „Amazon ist das größte Problem der Post“, sagt Trump.

Tatsächlich ist der Versandriese auf die Dienste angewiesen, gerade in den ländlichen Bundesstaaten. Auch FedEx und UPS nutzen die kleinteilige Struktur der Post, die bis in den letzten Winkel des Landes reicht.

Letzte-Meile-Dienste nicht profitabel

Es stimmt auch, dass die Post jedes Jahr Milliardenverluste schreibt. An Amazon liegt das laut Faktenchecks von US-Medien aber nicht, im Gegenteil. Während der Briefversand in den letzten Jahren stark zurückgegangen ist, sind die Letzte- Meile-Dienste profitabel und der einzige Wachstumsbringer. In der Coronakrise nahm die Post zuletzt 8,3 Milliarden Dollar im Quartal damit ein, ein Plus von 50 Prozent.

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Postchef DeJoy, seit Mai im Amt und privat an konkurrierenden Lieferdiensten beteiligt, will den Service ausdünnen. Im Zuge der Sparmaßnahmen warnte der „Postmaster General“ 46 Bundesstaaten eher beiläufig davor, dass die Briefwahlunterlagen nicht pünktlich geliefert werden könnten. Eine Warnung, die die ohnehin angeschlagene US-Demokratie in ihren Grundfesten erschüttert.

Wegen der Pandemie wollen laut Umfragen so viele Wähler wie nie zuvor ihre Stimmen auf dem Postweg abgeben. Doch schon bei den Vorwahlen zeigte sich, dass Tausende Briefwahlunterlagen zu spät ankamen. Für Trump, der einer Wahlniederlage mit allerlei Verschwörungsgerede vorbaut, steht die Briefwahl im Zentrum von „Wahlmanipulationen“ zu seinen Ungunsten.

Es gehe um das "Überleben" der Post

Vor dem Kongress sagte Postchef DeJoy nun zu, weitere Sparmaßnahmen erst nach der Wahl umzusetzen. Das Repräsentantenhaus, wo die Demokraten die Mehrheit haben, beschloss eine Finanzspritze. Dem stimmten auch auffällig viele republikanische Abgeordnete zu, deren Wähler häufiger auf dem Land leben – und die gerade aufgebracht sind, weil ihre Medikamente oft mit der Post kommen. Am Senat und dem Präsidenten kommt das Gesetz vorerst aber trotzdem nicht vorbei.

US-Präsident Donald Trump hat die Post als Hebel für den eigenen Wahlkampf ausgemacht.

© imago images/UPI Photo

Die Briefträgergewerkschaft NALC, die für 300.000 Mitglieder spricht, ruft nun zur Wahl von Joe Biden auf. Es gehe um das „Überleben“ der Post, so die Warnung. Die aktuelle Regierung würde die nötigen Mittel verweigern, die es in der Pandemie brauche, um zuverlässig Briefe und Pakete zuzustellen.

Die Demokraten sehen die Post auch nicht nur als einen finanziellen Klotz am Bein der Bundesregierung, sondern als Baustein der Daseinsvorsorge und zunehmend auch als staatlich geförderte Entwicklungsplattform für zukünftige Transporttechnologien und eine Verkehrswende.

Viele neue E-Autos für die Post

Im vom Repräsentantenhaus beschlossenen Move Forward Act, einer Art Blaupause für eine Verkehrspolitik nach dem Regierungswechsel, sind 25 Milliarden Dollar für die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte der Post vorgesehen. 75 Prozent der neu angeschafften Lieferwagen sollen demnach elektrisch fahren. Außerdem soll an jeder Filiale bis 2026 eine Ladestation entstehen.

Die meisten der 232.000 Fahrzeuge in der Flotte sind jahrzehntealt, zeigt ein Nachhaltigkeitsbericht aus dem vergangenen Jahr. Das aktuelle Standardfahrzeug wird schon seit 1994 nicht mehr gebaut. Aktuell ist die US-Post alles andere als grün. Das soll sich in den nächsten Jahren ändern.

Eine vor der Coronakrise gestartete und zwischenzeitlich pausierte Ausschreibung für die Erneuerung fast der kompletten Flotte sieht die Anschaffung von 180.000 Lieferwagen innerhalb von fünf bis sieben Jahren vor. Vor allem Entwickler und Hersteller von Elektro- und Hybridtransportern haben sich beworben. Insgesamt geht es um mehr als sechs Milliarden Dollar.

Felix Wadewitz

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