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Zoll-Chaos und Dollarschwäche: Könnte Donald Trump das globale Finanzsystem stürzen?
Das Vertrauen in die USA sinkt, und das schwächt auch den Dollar. Das ist ganz im Sinne Trumps. Welche globalen Folgen das haben kann und was das für Europa heißt, sagen drei Experten.
- Clemens Fuest
- Sebastian Horn
- Stormy-Annika Mildner
Stand:
Donald Trumps Zollpolitik hat auch den US-Dollar massiv unter Druck gesetzt, die globale Leitwährung war in diesem Frühjahr so schwach wie seit Jahren nicht mehr. Das macht vielleicht für Touristen aus Europa den US-Urlaub etwas billiger, verstört aber die internationalen Anleger.
Zwar wertet seit der Annäherung zwischen Washington und Peking die amerikanische Währung wieder etwas auf. Insgesamt aber ist das Vertrauen in den Dollar erschüttert worden. Doch dass der Dollar unter Druck gerät, ist im Sinne der US-Regierung.
Was heißt das, wenn die Weltleitwährung schwächelt und warum will Trump das überhaupt? Kann er das globale Finanzsystem stürzen? Fragen, die in unserer Rubrik „3auf 1“ drei Experten beantworten:
Der US-Dollar könnte seine Position als globale Leitwährung verlieren
Bislang wollte sich jeder größere Investor in den USA engagieren – wegen ihrer langen Geschichte als demokratischer Rechtsstaat, ihrer ökonomischen und geopolitischen Macht und ihrer Verlässlichkeit. Deshalb ist der US-Dollar die Leitwährung der Welt.
Donald Trump hat dieses Vertrauen erschüttert. Der Grund dafür geht weit über die erratische Zollpolitik des Präsidenten hinaus. Trump kokettiert mit der Errichtung eines autoritären Regimes, stellt den Rechtsstaat infrage, kritisiert die Unabhängigkeit der US-Notenbank und lässt seine Berater spekulieren, ob man für ausstehende Staatsanleihen einen Zwangsumtausch in 100 Jahre laufende Schuldpapiere vorsehen soll. Das wäre de facto ein Staatsbankrott.
Verliert der US-Dollar seine Position als globale Leitwährung? Das könnte passieren, wenn Investoren weltweit zu dem Schluss kämen, dass die USA Trumps bisherigen Kurs fort- und umsetzen, was bisher nur als Drohung im Raum steht. Für die USA wäre das ein gewaltiger wirtschaftlicher Verlust, die weltweiten Finanzmärkte würden ins Chaos gestürzt.
Trump erwartet Vorteile durch einen schwachen Dollar
Ein US-Dollar unter Druck passt zur Strategie Donald Trumps: Ein schwächerer Dollar soll Exporte ankurbeln und helfen, das hohe Handelsbilanzdefizit der USA abzubauen. Trump will so das verarbeitende Gewerbe in den USA stärken und industrielle Arbeitsplätze schaffen.
Und er erwartet einen weiteren Vorteil: Da ein beträchtlicher Teil der US-Staatsverschuldung von ausländischen Gläubigern gehalten wird, würde ein schwächerer Dollar diese Verbindlichkeiten reduzieren. Die Märkte macht das nervös, denn diese Strategie hat ihren Preis.
Als wichtigste Reserve-, Handels- und Finanzierungswährung ist der Dollar das Rückgrat des globalen Finanzsystems. Die globale Leitwährung basiert nicht nur auf Wirtschaftsdaten, sondern auch auf Vertrauen – in die Unabhängigkeit der Fed, in die Verlässlichkeit von US-Institutionen und in eine langfristig tragfähige Finanzpolitik.
Zwar gibt es derzeit keine echte Alternative zur Dominanz des Dollars. Verfestigt sich jedoch der Eindruck, dass kurzfristige politische Interessen den Dollar steuern, könnte dies entscheidende Risse im Fundament des Weltfinanzsystems erzeugen.
Für den Euroraum bedeutet das: erhebliche Risiken und eine Chance
Die USA und der US-Dollar sind das Rückgrat des globalen Finanzsystems. Diese Sonderstellung verdanken die USA ihren stabilen Institutionen, den tiefen und liquiden Kapitalmärkten sowie dem hohen Ansehen der amerikanischen Zentralbank. Aber auch über Jahrzehnte gewachsenes Vertrauen kann bei erratischer Finanzpolitik schnell verschwinden.
Zwar erscheinen Extremszenarien wie ein amerikanischer Schuldenschnitt oder ein Rückzug der USA aus internationalen Organisationen wie dem IWF nach wie vor unwahrscheinlich, doch schon die Spekulation über die Absichten der Trump-Regierung sorgt für große Unsicherheit und führt zu Kapitalflucht aus den USA.
Für den Euroraum birgt das neben erheblichen Risiken auch eine große Chance: Mehr denn je gilt es jetzt, den Euro als internationale Alternative zum Dollar zu positionieren, indem attraktive und liquide Anlageinstrumente in Euro geschaffen werden. Einen entscheidenden Beitrag dazu können der konsequente Ausbau der Kapitalmarktunion sowie die Emission gemeinsamer europäischer Anleihen leisten.
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