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Wirtschaft: Zu viele Hoffnungen, zu wenig Wissen

BERLIN .Für die einen ist es eine Goldgrube, für die anderen ein Groschengrab: Nicht immer erfüllen sich die Erwartungen, die kleine und mittlere Unternehmen mit ihrem Auftritt im Internet verbinden.

BERLIN .Für die einen ist es eine Goldgrube, für die anderen ein Groschengrab: Nicht immer erfüllen sich die Erwartungen, die kleine und mittlere Unternehmen mit ihrem Auftritt im Internet verbinden.Statt rasant steigender Umsätze und neuer Käuferschichten kommen auf manche Firma anfangs vor allem Kosten zu."Viele Unternehmer haben zu viele Hoffnungen aber zu wenig Wissen, welche Chancen ihnen das Netz wirklich bieten kann", sagt Roland Külpmann von der Berliner Technologie-Vermittlungsagentur, die im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums kleine und mittlere Unternehmen beim elektronischen Geschäftsverkehr berät."Bei manchen Unternehmen zahlt sich der Gang ins Netz schnell aus, bei anderen lohnt es sich zumindest mit Blick auf die Umsätze gar nicht", so Külpmanns Erfahrungen.

Ein Beispiel ist das Berliner Immobilienunternehmen "Estate-Center".Ein Mausklick auf der Homepage des Maklers, und auf dem Bildschirm erscheint das Foto eines grauen Mietshauses in Berlin-Friedrichshain, das zum Verkauf steht.Ein weiterer Klick zeigt den Blick auf die Straße davor, sowie die Seiten- und Rückansicht des Gebäudes.Wer sich von den Fotos angesprochen fühlt, könnte nun vom heimischen Computer aus das Haus kaufen, ohne es jemals in natura gesehen zu haben.Aber wer kauft schon ein Haus, das er nur auf dem Bildschirm gesehen hat?

"Als ich die Homepage eingerichtet habe, hatte ich mir mehr erhofft und erwartet, daß ich schnell neue Kunden über das Internet gewinne", sagt Mathias Heinrich, Makler und Geschäftsführer des international tätigen Unternehmens "Estate-Center".Doch: "Was die Verkäufe angeht, hält sich die Begeisterung bisher in Grenzen." Vor eineinhalb Jahren begann Heinrich die Angebote seines "Estate-Centers" im Netz anzupreisen - verkauft hat er auf diesem Wege bis heute kein einziges Objekt.

Das liege daran, daß das Netz eben doch nicht den direkten Kontakt zwischen Makler und Kunde ersetzen kann: "Unsere Seiten im Netz sind Schaufenster, in denen wir auf uns aufmerksam machen." So rät er denn auch anderen Unternehmern, sich genau zu überlegen, ob sich ein Internet-Auftritt für sie lohnt."Dem kleinen Einzelhändler würde ich nicht empfehlen, zigtausend D-Mark in eine Homepage zu stecken, die dann doch keiner anguckt."

Manch ein Unternehmer, der sich mit seiner Firma im Netz präsentieren will, verbindet trotz solcher Warnungen große Erwartungen mit dem neuen Medium."Ich hoffe, daß es den Verkauf ankurbelt, wenn wir im Netz sind", sagt zum Beispiel Klemens von Truschinsky vom gleichnamigen Charlottenburger Herrenschuhgeschäft."Ich arbeite gerade eine eigene Homepage aus, auf der mein Unternehmen vorgestellt wird und der Besucher einiges über die Herstellung von Schuhen erfährt." Von Truschinsky wünscht sich, daß der eine oder andere Internet-Surfer, der auf seinen Netz-Seiten landet, später in seinen Laden kommt und die virtuell angeschauten Schuhe real anprobiert.

Für andere Unternehmer geht es beim Auftritt im Internet mehr um den langfristigen Effekt als um die sofortige Steigerung des Absatzes.So sagt Bernd Frielingsdorf vom Schöneberger Taxiunternehmen "Würfelfunk": "Wir wollen unseren Kunden zeigen, daß wir auf der Höhe der Zeit sind".Der Unternehmer ist seit vier Jahren mit einer eigenen Homepage im Netz vertreten.Für das Geschäft der Firma, also die Vermittlung von Taxifahrten, habe das Netz auch nach vier Jahren noch keine spürbare Bedeutung.Zwar wird dem Besucher der Würfelfunk-homepage angeboten, online vom heimischen Schreibtisch aus ein Taxi zu bestellen - "das wird aber nur zwei oder drei mal täglich genutzt", schränkt Frielingsdorf ein.Bei bis zu 3000 telefonischen Bestellungen am Tag eine zu vernachlässigende Größe.

Bei vielen Unternehmen ist es kaum möglich, so die Bilanz von Internet-Berater Külpmann, exakt zu ermitteln, ob und in welchem Umfang die Präsenz im Netz die Umsätze steigert.Aber oftmals geht es auch gar nicht darum, daß sich der Internet-Auftritt sofort in Umsatzzahlen ausdrückt: "Für viele ist der wichtigste Erfolg der Imagegewinn - zu zeigen, daß man in dem neuen Medium präsent ist.Wenn die Präsenz dann langfristig zu steigenden Umsätzen führt, ist das ein Erfolg."

LARS VON TÖRNE

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