Wirtschaft: Zwei weitere Manager bei Siemens verhaftet
Kleinfeld könnte als Zeuge vernommen werden
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München - In der Affäre um Schmiergeldzahlungen bei der Siemens-Kommunikationssparte Com sind zwei weitere Verdächtige festgenommen worden. Wie der Elektronikkonzern am Donnerstag mitteilte, sei einer der beiden Manager suspendiert worden, der andere war bereits Ende September 2006 ausgeschieden. Es handele sich nur um Manager der mittleren Ebene.
Die Haftbefehle seien nach erneuten Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft München zu Wochenbeginn im Zusammenhang mit den Bestechungsvorwürfen in der Com-Sparte ergangen, hieß es. Siemens bekräftigte, der Konzern werde mit der Justiz kooperieren und habe alle nötigen Unterlagen zur Verfügung gestellt. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, die Haftbefehle seien inzwischen außer Vollzug gesetzt. Oberstaatsanwalt Christian Schmidt-Sommerfeld sagte dem Tagesspiegel, er könne nicht ausschließen, dass in der Affäre auch Konzernchef Klaus Kleinfeld als Zeuge vernommen werde. Die erneuten Verhaftungen stünden nicht in Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Nürnberg wegen Zahlungen an die Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger (AUB).
Die dort agierende Sonderkommission hatte am Dienstag Zentralvorstand Johannes Feldmayer wegen des Verdachts der Untreue festgenommen. Feldmayer und weitere Manager sollen Millionenzahlungen an den Ex-AUB-Chef Wilhelm Schelsky genehmigt haben, mit denen dieser seine Organisation als Gegenpol zur IG Metall aufbauen wollte. Damit soll sich Siemens die AUB gefügig gemacht haben.
Bei den jüngsten Verhaftungen geht es um die Affäre um schwarze Kassen in der Com-Sparte. Nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler sollen rund 200 Millionen Euro in dunkle Kanäle geflossen sein. Mit dem Geld soll Siemens ausländische Geschäftspartner bestochen haben, um an Aufträge – etwa für die Olympischen Spiele 2004 in Athen – zu kommen. Seit November hat die Staatsanwaltschaft München sechs teils hochrangige Siemens-Manager zeitweise verhaftet, darunter auch Ex-Zentralvorstand Thomas Ganswindt, der für die Com-Sparte zuständig war. Siemens selbst hat eingeräumt, für die Spanne von 1999 bis 2006 dubiose Zahlungen von 420 Millionen Euro zu prüfen.
Der Siemens-Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer, in dessen Amtszeit als Vorstandschef die Affären um schwarze Kassen und die AUB-Bestechung fallen, wollte sich am Donnerstag nicht zu den Vorgängen äußern. Die IG Metall hatte von Pierer aufgefordert, Stellung zu nehmen. Auch Aktionärsschützer fordern eine umfassende Aufklärung der Affären. „Wenn Siemens jetzt nicht aufpasst, kann es hoch gefährlich für das Unternehmen werden“, sagte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Klaus Schneider von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger sagte, man müsse sich fragen, ob bei Siemens überhaupt korrekte Geschäfte gemacht worden seien.
Es gibt noch weitere Brandherde bei Siemens. Vor einem Darmstädter Gericht müssen sich derzeit zwei Manager der Kraftwerksparte wegen Schmiergeld-Zahlungen an den italienischen Konzern Enel verantworten. Im Januar verhängte zudem die EU eine Rekordstrafe gegen Siemens wegen Preisabsprachen bei Stromnetzgeräten. Auch die Pleite von Benq im Herbst 2006, der früheren Mobilfunktochter, wirkt noch nach.
Nicole Huss
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