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Kuchen (englisch: „pie“) ist am 14. März, dem „Pi-Day“ und Internationalen Tag der Mathematik, Tradition. Zumindest an Matheinstituten. 

© Getty Images/iStockphoto/Mizina

3,14159265358979...: Der Reiz der unendlich langen Zahl

Es ist mehr Sport als Mathematik, die Nachkommastellen der Kreiszahl „Pi“ zu bestimmen. Interessanter sind die Tricks und Techniken, mit denen das gelingt.

Von Michael Joswig

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Am 14. März – 3/14 nach amerikanischer Schreibweise – feiert die Unesco seit 2020, wegen der Übereinstimmung mit den ersten Ziffern der Kreiszahl „Pi“, den Internationalen Tag der Mathematik, den „Pi-Day“.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstand ein Wettbewerb, mittels Computer mehr und mehr Nachkommastellen von π zu bestimmen. Da π irrational ist, kann man sich damit auch noch lange beschäftigen; denn man wird damit nicht an ein Ende kommen. Der Übergang zwischen Wissenschaft und Sport wird hier gewissermaßen fließend. 2022 wurde ein neuer Rekord mit 100.000.000.000.000 Nachkommastellen aufgestellt, von einem Team um die Japanerin Emma Haruka Iwao. Diese Rechnung dauerte fast ein halbes Jahr auf Googles riesiger Cloud-Computing-Infrastruktur – ein extremer Stresstest.

Eine globale Konstante

Die Kreiszahl π beschreibt das Verhältnis zwischen Umfang und Durchmesser eines Kreises. Dies ist unabhängig vom jeweiligen Kreis, und so ist π eine globale Konstante, die eine fundamentale Eigenschaft unserer Welt beschreibt.

Als Dezimalbruch geschrieben beginnt π mit 3,1415926535. Die grundsätzliche Bedeutung von π sowie auf einige Nachkommastellen genaue Näherungswerte sind seit der Antike bekannt. Bereits im dritten vorchristlichen Jahrhundert gab Archimedes einen Algorithmus an, mit dem man π prinzipiell beliebig genau bestimmen kann. Was gab es danach noch für die Mathematik zu tun?

Erst im Jahr 1882 konnte Ferdinand von Lindemann zeigen, dass die „Quadratur des Kreises” unmöglich ist. Es hatte mehr als 2000 Jahre gedauert, dieses wohl bedeutendste Rätsel der griechischen Mathematik zu entschlüsseln.

Die Frage lautete, ob man eine Strecke der Länge π mit Zirkel und Lineal konstruieren kann. Lindemann zeigte sogar, dass π „transzendent” ist, was bedeutet, dass π sich nicht schreiben lässt als Lösung einer Polynomgleichung mit rationalen Koeffizienten. Daraus folgt dann, dass π nicht konstruierbar ist. Hieraus folgt übrigens auch, dass π sich nicht als endlicher oder periodischer Dezimalbruch schreiben lässt. Das ist die eingangs erwähnte „Irrationalität” von π; sie war schon seit 1760 durch Johann Heinrich Lambert bekannt.

100 Billionen Stellen kontrollieren?

Mathematisch sehr viel interessanter als die tatsächliche Liste der Ziffern sind die aktuellen Methoden, um sie zu produzieren. Seit Archimedes gab es da erhebliche Fortschritte, wie etwa einen Algorithmus der Brüder David und Gregory Chudnovsky von 1988.

Aufwendige Rechnungen wie die auf der Google-Cloud werfen allerdings ganz neue Problem auf. Denn wie kann man sich eigentlich sicher sein, dass die 100 Billionen Nachkommastellen des aktuellen Rekords auch wirklich korrekt sind? Programmierer machen schließlich Fehler, und bei extrem umfangreichen Rechnungen muss man überdies berücksichtigen, dass externe physikalische Ereignisse wie kosmische Strahlung stören könnten.

Hier kommt nun etwas wirklich Kurioses ins Spiel, nämlich eine Formel, die David Bailey, Philip Borwein und Simon Plouffe 1995 gefunden haben. Um das zu erklären, muss man sich zunächst erinnern, dass man Zahlen auch anders aufschreiben kann als im Dezimalsystem. Für π ist das Hexadezimalsystem besonders interessant, also das Zahlsystem zur Basis 16. Üblich ist hier, zusätzlich zu 0 bis 9 die Buchstaben A, B, C, D, E und F als weitere Ziffern zu verwenden; dabei hat A den Dezimalwert 10 und F den Dezimalwert 15. Beispielsweise steht dann die Hexadezimalzahl 7E7 für 7×16²+14×16+7 = 2023.

Mit der Formel von Bailey, Borwein und Plouffe erhält man direkt eine beliebige Nachkommastelle von π im Hexadezimalsystem, ohne die vorherigen Stellen ausrechnen zu müssen. Damit kann man eine errechnete Dezimaldarstellung von π unabhängig verifizieren. Einen ähnlichen Trick, der direkt Dezimalziffern von π liefert, kennt man nicht. Es bleibt genug zu tun für zukünftige Mathematik.

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