zum Hauptinhalt

AhA: Warum ist der Ringfinger so unbeweglich?

Robert Schumann entschied sich spät für eine Pianistenlaufbahn. Nächtelang saß er am Klavier.

Robert Schumann entschied sich spät für eine Pianistenlaufbahn. Nächtelang saß er am Klavier. Er wollte sich nicht damit abfinden, dass sein Ringfinger träger reagierte als Daumen oder Zeigefinger, wenn bei schnellen Passagen bis zu 20 Tasten pro Sekunde angeschlagen werden sollten. Daher ließ er sich Fäden an die Finger binden, um sie mithilfe eines mechanischen Geräts anzuheben und zu trainieren. Eine heftige Sehnenscheidenentzündung war die Folge. Sein Ringfinger war dauerhaft geschädigt und die Karriere des Pianisten beendet, während die des Komponisten Schumann erst begann.

Vielleicht werden Sie Schumanns Verzweiflungsakt besser verstehen, wenn Sie Ihre Hand flach auf den Tisch legen. Versuchen Sie nun, Ihre Finger einen nach dem anderen einzeln anzuheben. Die Unbeweglichkeit des vierten Fingers ist frappierend. Zahllose Berufsmusiker klagen darüber.

Die komplexe Feinsteuerung unserer Finger spiegelt sich in ihrer Repräsentation im Gehirn. „Der motorische Kortex entspricht einer Landkarte, auf der die nervale Versorgung der verschiedenen Körperregionen abgebildet wird“, erläutert Dieter Felsenberg, Leiter des Zentrums für Muskel- und Knochenforschung der Berliner Charité. Auf dieser Landkarte, dem motorischen Homunculus, nimmt die Hand eine ausgesprochen große Region ein. Dennoch ist der Ringfinger nicht sonderlich gut versorgt und damit auch nur eingeschränkt einsatzfähig.

Entwicklungsgeschichtlich betrachtet, hätte der Ringfinger nur eine Funktion: „Mitzumachen beim Greifen, damit die Kontaktfläche und die Griffsicherheit möglichst groß ist“, sagt Felsenberg. Alle anderen Finger hätten zusätzliche Aufgaben. Zeige- oder Mittelfinger etwa werden unentwegt beim Zangengriff oder Dreipunkte-Feingriff zusammen mit dem Daumen eingesetzt, wenn wir etwa einen Stift aufnehmen und anschließend mit ihm schreiben. Der Ringfinger spielt lediglich beim Korbgriff mit, etwa wenn wir mit der ganzen Hand nach einem Apfel greifen und ihn darin halten. Ohne Übung lässt er sich nicht alleine beugen.

Hinsichtlich der Schmerz- oder Berührungsempfindlichkeit unterscheidet er sich nicht von anderen Fingern. Und in einem besonders bewegenden Moment steht er im Mittelpunkt: Wenn man heiratet. Thomas de Padova

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false