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Ängstlicher Welpe, ängstlicher Hund?: Schlechte Kindheitserfahrungen machen Hunden zu schaffen
In Welpenfabriken sollen unter erbärmlichen Umständen gehaltene Hündinnen möglichst viel Nachwuchs gebären. Liebevoller Menschenkontakt ist kaum vorgesehen, was das Verhalten der Welpen lebenslang prägen kann.
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Erfahrungen in der Kindheit prägen. Das ist offenbar auch bei Hunden so. Aus vernachlässigten oder misshandelten Welpen und Junghunden könnten stärker zu Ängstlichkeit und Aggressivität neigende Tiere werden, berichtet ein Forschungsteam im Fachjournal „Scientific Reports“. Das sei vor allem bei bestimmten Rassen wie dem American Eskimo Dog so, einer in den USA verbreiteten, spitzähnlichen Rasse.
Zum Problem kann das zum Beispiel dann werden, wenn Menschen sich einen billigen, unter erbärmlichen Bedingungen produzierten Junghund aus Ost- oder Südeuropa zulegen. Solche übers Internet gerne mal als vermeintliche Tierschutzhunde vermarkteten Tiere aus Welpenfabriken leiden oft lebenslang unter fehlender Prägung und Sozialisierung, wie Tierschutzexperten warnen. Viele dieser verhaltensauffälligen Tiere landeten letztlich im Tierheim. Für eine gute Sozialisierung auf den Menschen sei entscheidend, dass ein Hund insbesondere in den ersten Lebenswochen positiven Umgang mit Menschen hat.
Hunde durchlaufen in dieser Zeit eine entscheidende Phase mit schnellen körperlichen, verhaltensmäßigen und kognitiven Entwicklungen, wie die Forschenden um Julia Espinosa von der Harvard University in Cambridge (US-Bundesstaat Massachusetts) erläutern. Störungen dieser Prozesse durch schlechte Aufzuchtbedingungen oder unzureichende mütterliche Fürsorge gelten demnach als Ursachen für spätere Verhaltensprobleme. Auch inkonsistente oder überfordernde soziale Interaktionen seien eine mögliche Ursache.
Schnappen, Zurückweichen, Verstecken
Schon zuvor hätten Studien darauf hingewiesen, dass traumatische Erfahrungen in der frühen Welpenzeit ängstliche oder aggressive Verhaltensweisen fördern, schreibt die Gruppe um Espinosa. Die aktuellen Ergebnisse beruhen auf der Befragung der Besitzer von insgesamt mehr als 4000 Hunden aus 211 verschiedenen Rassen. Ein Drittel der Hunde hatte in den ersten sechs Lebensmonaten Widrigkeiten erlebt, wozu neben Misshandlung und Vernachlässigung etwa auch schwere Verletzungen gezählt wurden.
Erfasst wurde zudem unter anderem die Reaktion der Tiere auf 45 häufige Auslöser für aggressives und ängstliches Verhalten, darunter plötzliche, laute Geräusche oder Fremde, die sich der Haustür nähern. Typische Reaktionen waren Schnappen, Beißen, Zurückweichen oder Verstecken. Tiere, die in den ersten sechs Lebensmonaten Unangenehmes erlebt hatten, wiesen im Erwachsenenalter im Mittel merklich höhere Werte für Aggression und Angst auf. Andere Faktoren wie Geschlecht, Alter und Kastrationsstatus spielten ebenfalls eine Rolle, überstiegen den Einfluss der schlechten Erfahrungen aber nicht.
Widerstandsfähige Rassen
Hunde von Rassen wie dem Labrador Retriever schienen mit Blick auf späteres aggressives Verhalten relativ unbeeindruckt von Widrigkeiten in der Jugendzeit zu bleiben, während es bei Vertretern anderer Rassen einen deutlichen Zusammenhang gab. Dazu zählten American Eskimo Dog, American Leopard Hound und Siberian Husky. Das deutet den Forschenden zufolge darauf hin, dass vererbbare Faktoren mitbestimmen, wie sensibel ein Hund auf schlechte Erfahrungen in seiner Kindheit reagiert. Manche Rassen besäßen offenbar eine angeborene, höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber Stress.
Die Studie bestätige zudem, dass negative Erfahrungen in der frühen Entwicklung nicht nur beim Menschen, sondern auch bei Hunden tiefgreifende und dauerhafte Auswirkungen auf Verhalten und Gesundheit haben können. Einschränkend gibt das Team zu bedenken, dass die Aussagekraft der Analyse dadurch begrenzt werde, dass sie auf den subjektiven Angaben von Besitzern basierte.
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