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Ein trockenes Feld in der Nähe des Dorfes Sineu auf Mallorca. In den kommenden 15 Jahren könnten Städte im Mittelmeerraum, Südafrika und in Teilen Nordamerikas buchstäblich auf dem Trockenen sitzen.

© dpa/Clara Margais

Auf dem Trockenen: Extreme Wasserknappheit könnte bald Millionen Menschen treffen

Selbst unter moderaten Emissionen steuern ganze Weltregionen auf eine „Stunde-Null-Dürre“ zu, zeigt eine neue Studie. Welche Länder besonders gefährdet sind.

Von Stefan Parsch

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In den kommenden 15 Jahren könnte es im Zuge des Klimawandels vor allem in Städten bestimmter Weltregionen zu extremer Wasserknappheit kommen. Zu diesen Regionen zählen vor allem der Mittelmeerraum, der Süden Afrikas und Teile Nordamerikas.

Bis zum Jahr 2100 könnten 750 Millionen Menschen, davon 470 in Städten, von extremer Wasserknappheit betroffen sein. Über diese Prognose berichten Vecchia Ravinandrasana und Christian Franzke von der Pusan National University in Busan (Südkorea) im Fachmagazin „Nature Communications“.

Extremfall Stunde-Null-Dürre

Die Analysen stützen sich auf 100 Simulationen mit Klimamodellen. Die Forscherinnen und Forscher zielten auf die Berechnung einer hohen Wahrscheinlichkeit (mehr als 99 Prozent), wann es in einer Region zum ersten Mal zu einer „Stunde-Null-Dürre“ kommt.

750
Millionen Menschen könnten bis zum Jahr 2100 von extremer Wasserknappheit betroffen sein – fast zwei Drittel davon in Städten.

Dieser Begriff wurde 2018 geprägt, als die Stadt Kapstadt in Südafrika einen Wasserrationierungsplan vorlegte für den Fall, dass die Wasserreserven in den Reservoirs im Laufe des Jahres aufgebraucht sein würden. Weil 2018 doch wieder mehr Regen fiel, musste der Plan nicht umgesetzt werden. Doch Ravinandrasana und Franzke gehen davon aus, dass es in dürreanfälligen Regionen früher oder später zu einem solchen Szenario kommen wird.

Ein Mann kühlt sich in der Nähe der Akropolis in Athen mit Wasser ab. Griechenland litt auch in diesem Jahr unter einer lang anhaltenden Hitzewelle mit Temperaturen über 45 Grad Celsius.

© dpa/Socrates Baltagiannis

Eine Stunde-Null-Dürre sehen sie als extremes Ereignis an, bei dem mehrere Faktoren über einen längeren Zeitraum zusammenkommen: geringe Niederschlagsmengen und hohe Verdunstung, geringe Wassermengen in Flüssen, nicht angepasste Wasserentnahmen durch den Menschen.

Zwei Szenarien, ein ähnliches Ergebnis

Diese Faktoren bezogen die Studienautorinnen und -autoren durch Indizes mit Schwellenwerten in die Berechnungen ein, außerdem einen Index, der sich auf die Zeit bis zum Austrocknen von Stauseen bezieht. Dann führten sie die Simulationen in einem Szenario mit mäßigem Treibhausgasausstoß bis 2100 (im Fachjargon SSP2-4.5) und mit hohen Emissionen (SSP3-7.0) durch.

Selbst wenn wir das 1,5-Grad-Ziel erreichen, werden Hunderte Millionen Menschen weiterhin mit beispielloser Wasserknappheit konfrontiert sein.

Vecchia Ravinandrasana, Forscherin an der Pusan National University im südkoreanischen Busan

Bei hohen Treibhausgasemissionen erbrachten die Simulationen, dass in 35 Prozent aller Regionen mit einem großen Risiko für Dürren bereits innerhalb der kommenden 15 Jahre eine Stunde-Null-Dürre auftreten wird. Betroffen sein werden der Süden Afrikas, Teile Nordamerikas, darunter Kalifornien und Texas, und der gesamte Mittelmeerraum, wobei in Nordafrika auch Regionen weit ab von der Küste in Mitleidenschaft gezogen werden.

Doch selbst bei niedrigeren Emissionen können die Forscher keine Entwarnung geben. „Selbst wenn wir das 1,5-Grad-Ziel erreichen, werden Hunderte Millionen Menschen weiterhin mit beispielloser Wasserknappheit konfrontiert sein“, wird Ravinandrasana in einer Mitteilung ihrer Universität zitiert.

Gefährdete Wasserspeicher

Als besonders gravierend sieht das Team den Umstand an, dass die vorhandenen Wasserspeicher in den Ländern rund ums Mittelmeer schon bald nicht mehr ausreichen werden. „Unseren Berechnungen zufolge könnten aufgrund der zunehmenden Schwere des hydrologischen Stresses 14 Prozent der großen Wasserreservoirs bereits während ihrer ersten Stunde-Null-Dürre-Ereignisse austrocknen, mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Lebensgrundlage der Menschen“, sagt Franzke.

Gefährdete Wasserspeicher sind vor allem in Spanien, Griechenland, Türkei, Algerien und Marokko vorhanden. Die Studienautoren fordern Maßnahmen, um diesen Gefährdungen vorzubeugen.

„Eine wichtige Erkenntnis der Studie ist, dass in den Hotspots dieser Extremdürren, beispielsweise im Mittelmeerraum oder im südlichen Afrika, die Erholungsphasen zwischen den Dürren kürzer werden als die Dürren selbst“, sagte Rike Becker vom Imperial College London.

Das bedeute, dass immer weniger Zeit bleibt, um Wasserspeicher wieder zu füllen, und dies sollte in zukünftigen Wasserspeicher- und Wasserversorgungspläne berücksichtigt werden, betonte Becker. Neben Wassereinsparungen könnten Regenwassernutzung, Wasserwiederverwertung, Ausbau der Speichermöglichkeiten und Verbesserung der Wassernutzungseffizienz Maßnahmen sein, um die Wasserversorgung zu sichern.

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