
© dpa/Hendrik Schmidt
Auf ehemaliger Atomwaffen-Produktionsstätte: Was bedeutet der Fund radioaktiv verseuchter Wespennester in South Carolina?
Auf dem Gelände Savannah River Site fanden Mitarbeiter kontaminierte Wespen. Die US-Behörden beschwichtigen. Vor Jahren waren Risse in Abwassertanks der Nuklearanlage bekannt geworden.
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Radioaktiv verseuchte Wespennester: Was wie ein Szenario aus einem Roland-Emmerich-Film klingt, ist in South Carolina Realität. Auf dem Gelände der Savannah River Site des US-Energieministeriums, einer ehemaligen Anlage zum Bau von Atomwaffen, entdeckte man vier solcher Nester.
Das erste fand man laut Ministeriumsbericht Anfang Juli 2025. Es wies demnach eine zehnfach höhere Kontamination auf als erlaubt.
Die „Washington Post“ berichtete daraufhin von drei weiteren kontaminierten Nestern. Diese stellen jedoch laut Edwin Deshong, Manager des Savannah River Operations Office, kein Gesundheitsrisiko für Arbeiter, Anwohner oder die Umwelt dar. Das schrieb er offenbar in einer E-Mail, die der „New York Times“ vorliegt. Deshong schrieb darin auch, dass die Nester eine „sehr niedrige Kontamination“ aufweisen würden.
Dennoch bleibt die Frage: Was bedeutet der Fund? Leckt die Anlage? Wie kamen die Wespen dorthin? Und was geschah mit den Nestern?
Wie die Wespen entdeckt wurden
Die Savannah River Site liegt an der Ostküste der USA im Bundesstaat South Carolina, an der Grenze zu Georgia. Auf rund 800 Quadratkilometern produzierte man hier während des Kalten Krieges Plutonium und Tritium. In den 90er Jahren stellte man die Produktion ein und widmete die Anlage Forschungszwecken.
Doch noch immer lagern dort radioaktive Flüssigkeitsabfälle. Die Tanks enthalten über 34 Millionen Gallonen dieser Abfälle, die in Zukunft sicher entsorgt werden sollen. Auch die Böden und das Grundwasser unter der Anlage sollen gesäubert werden.
Doch das dauert: Das US-Department of Energy plant, die Anlage bis 2065 vollständig zu reinigen. Eine offizielle Darstellung, an der die Organisation Savannah River Site Watch aber zweifelt. Sie spricht auf ihrer Website davon, dass die Anlage wieder Plutonium-Komponenten für Atomsprengköpfe produziere.
Eine Streife der Strahlenschutzkontrolle Radiological Control Operation (RCO) entdeckte das erste Wespennest auf einem Pfosten nahe eines Flüssigkeitentanks. Die Mitarbeiter besprühten das Nest, um die Wespen zu töten. Laut Ministerium hänge das Nest „nicht mit einem Verlust der Kontaminationskontrolle“ zusammen. Weitere Maßnahmen seien nicht nötig.
Deuten die Nester auf ein Leck hin?
Doch auch an dieser Darstellung zweifelt ein Experte. Timothy Mousseau ist Biologe an der Universität von South Carolina und erforscht Organismen und Ökosysteme in radioaktiven Weltregionen. Er sagte der „New York Times“, der Fund der Wespennester sei ein Hinweis darauf, „dass sich in diesem Geiet Schadstoffe befinden, die nicht vollständig eingeschlossen und geschützt sind“.
Mousseau zufolge deutet der Fund der weiteren drei Nester darauf hin, dass „viel größere Anstrengungen“ unternommen werden müssten, um „die möglichen Risiken und Gefahren einer offenbar bedeutenden Quelle radioaktiver Schadstoff zu bewerten“.
Das US Department of Energy informierte 2022 in einem Handout darüber, dass einige Abfalltanks „kleine haardünne Risse“ aufweisen würden. Durch diese Risse könnten „kleine Mengen Salzlösung in die sekundären Auffangwannen“ austreten.
Doch hat das etwas mit der Entstehung der radioaktiven Wespennester zu tun? Dies ist nicht abschließend geklärt. Die US-Behörden schließen ein neues Leck aus und führen die Radioaktivität auf Altlasten im Boden zurück, wie der „Spiegel“ berichtet.
Auf Nachfrage des Nachrichtenmagazins sagte Clemens Walther vom Institut für Radioökologie und Strahlenschutz der Leibniz Universität Hannover: „Wespen können in Gebäude fliegen. Also könnten sie auch Material aus schwer zugänglichen oder noch nicht dekontaminierten Bereichen geholt haben.“
Nicole Martinez, Radioökologin an der Clemson University, sagte der Zeitung „The Post and Courier“, die Nester könnten entstanden sein, weil eine Wespe kontaminierten Schlamm für den Nestbau verwendet habe. (mlk)
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