
© Dr Alecia Carter, UCL
Blick in den Spiegel: Wildlebende Paviane erkennen sich nicht selbst
Als Spielzeug findet eine Gruppe Bärenpaviane in Namibia einen Spiegel ganz lustig. Aber sie bemerken nicht, dass das Spiegelbild sie selbst zeigt.
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In Gefangenschaft lebende Schimpansen, Orang-Utans und Bonobos können ihr Spiegelbild erkennen, wie Versuche zeigten. Bekommen sie einen Farbfleck an einer Stelle verpasst, die sie nur im Spiegel sehen können, reagieren sie darauf – etwa, indem sie daran herumwischen. Ein Forschungsteam stellte nun einen Spiegel bei wildlebenden Pavianen auf. Die Tiere hätten sich darin offenbar nicht erkannt, schließen die Wissenschaftler aus ihren Tests.
Der in den 70er Jahren entwickelte Spiegeltest ist ein klassisches Experiment zur Selbstwahrnehmung. Damit soll die Fähigkeit gezeigt werden, im Spiegelbild sich selbst zu erkennen. Beim Menschen entwickelt sich diese visuelle Selbsterkennung allmählich: Im Alter von zwei Jahren bestehen etwa zwei Drittel der Kinder den Test.
Viele Tests mit umstrittenem Ergebnis
Die Studien-Autoren erklären im Fachjournal „Proceedings of the Royal Society B“, dass es außer bei Menschenaffen bislang keine überzeugenden Beweise für diese Fähigkeit bei Primaten gebe. Auch seien die bisherigen Markierungstests bei Elefanten, Pferden, Delfinen, Tauben, Rabenvögeln, Putzerlippfischen und anderen Arten umstritten. Einige der Behauptungen in verschiedenen Studien seien zwar plausibel, oft aber seien die Experimente an nur sehr wenigen Tieren in Gefangenschaft durchgeführt worden und nicht reproduzierbar gewesen.
Für die neue Untersuchung beobachteten die Forschenden um Esa Ahmad vom University College London wildlebende Bärenpaviane (Papio ursinus) im Tsaobis Nature Park in Namibia. Während beim klassischen Spiegeltest die Tiere oft mit Farbe markiert werden, nutzte das Forschungsteam für die Studie in freier Wildbahn Laserpointer. In 361 Experimenten wurde das Fell von 112 Pavianen mit einem Lichtfleck beschienen - teilweise einfach so, teilweise, während die Tiere vor einem Spiegel saßen.
Da ist ein Punkt – na und?
Erschien der rote oder grüne Laserpointer-Punkt auf einer für die Tiere direkt sichtbaren Stelle des Fells, also etwa einem Arm oder einem Bein, reagierten sie häufig darauf, etwa indem sie die Stelle mit einem Finger berührten. Das passierte in 64 Prozent der Fälle. Sahen sie den farbigen Punkt nur im Spiegel - in ihrem Gesicht oder an ihrem Ohr -, reagierten sie fast nie. Nur in einem Prozent der Fälle wurde die Stelle berührt.
Die Forschenden bemerkten während der Feldversuche in Namibia allerdings, dass die Paviane durchaus ein gewisses Verständnis dafür zeigten, was ein Spiegel ist. Manchmal hätten sie sich davor sitzend erschreckt, wenn sie darin sahen, wie ein dominanteres Tier näherkam. «Sie warfen einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass sich wirklich jemand nähert. Es schien, als verstünden die Paviane, was der Spiegel zeigt», meinte Carter.
Das Erkennen kann trainiert werden
„Aber während unserer Studie haben sie nicht so richtig verstanden, dass die Spiegelreflexion ihren eigenen Körper darstellt und dass die Lasermarkierung im Spiegelbild tatsächlich auf ihnen selbst lag“, erklärte Co-Autorin Alecia Carter zu den monatelangen Beobachtungen im Jahr 2021.
Die Forschenden weisen darauf hin, dass Primaten in Gefangenschaft durchaus darauf trainiert werden können, Spiegel zu nutzen. So hätten Rhesusaffen nach einem Experiment begonnen, Spiegel zur Körperpflege zu verwenden, etwa um sonst nicht sichtbare Stellen unter dem Kinn oder ihre Genitalien anzuschauen. Es sei aber erstrebenswert, mehr Studien an wildlebenden Tieren durchzuführen. (dpa)
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