zum Hauptinhalt
Junge Menschen sitzen in einem Raum und arbeiten an Laptops.

© Doris Spiekermann-Klaas

Online-Uni für Flüchtlinge: Der Bund fördert Kiron mit 2,1 Millionen Euro

Ein Flüchtling in Berlin, ohne Aufgabe und sinnvolle Tätigkeit: „Das änderte erst Kiron.“ Das Start-Up will Geflüchteten den Zugang zum Studium erleichtern.

Als er aus Pakistan floh, sei er orientierungslos gewesen, sagt Kashif Kazmi. Ein Flüchtling in Berlin, ohne Aufgabe und sinnvolle Tätigkeit: „Das änderte erst Kiron.“ „Kiron Open Higher Education“ ist ein Berliner Start-Up-Unternehmen, das Geflüchteten seit 2015 mit Online-Lernangeboten den Zugang zum Studium erleichtern will. Teilnehmen kann jeder, der ein überzeugendes Motivationsschreiben verfasst und Englisch-Kenntnisse auf B1-Niveau nachweisen kann. Kazmi nahm diese Hürden mit Leichtigkeit und studiert heute Maschinenbau.

Jetzt kommt auch Kiron einen großen Schritt voran, zumindest finanziell: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bezuschusst die Online-Uni mit 2,1 Millionen Euro.

Ein Studienplatz kostet 3000 Euro: Kiron lebt von Spenden

Wie funktioniert die Flüchtlings-Uni? Auf einer Internetplattform werden Videovorlesungen bereitgestellt. Neben Ingenieurswissenschaften hat Kiron auch Architektur, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie Informatik im Programm. Zusätzlich bietet das Start-Up Online-Deutschkurse und eine Betreuung durch Mentoren an.

Das hat jedoch seinen Preis: 3000 Euro kostet ein Studienplatz das Unternehmen, vor allem für das Personal, das die Studierenden unterstützt. Bisher haben vor allem Stiftungen, Unternehmen und private Spender über Crowd Funding Kiron unter die Arme gegriffen. Jetzt kommt das BMBF als Großsponsor dazu. Mit der Millionen-Förderung sollen weitere Studienplätze, Personal und eine wissenschaftliche Evaluierung des Projekts finanziert werden.

Das BMBF will digitale Lernkonzepte kennenlernen

„Wir erwarten uns von Kiron Antwort auf die Frage, was digital gestützte Lehrkonzepte leisten können“, sagte Staatssekretärin Cornelia Quennet-Thielen am Freitag bei der Übergabe der Förderurkunde in Berlin. Denn Kiron verbindet Online-Bildungsangebote mit dem klassischen Studium. Zwei Jahre dauert das Grundstudium auf der Kiron-Plattform. Was die Studierenden dabei gelernt haben, wird mit schriftlichen Online-Klausuren geprüft – und mündlich durch Hochschullehrer an 22 Partnerunis, davon 18 in Deutschland. Wer das digitale, englischsprachige Vorstudium besteht, kann anschließend an einer der Partnerhochschulen weiterstudieren. Zuvor bestandene Prüfungen werden angerechnet (zur Kiron-Homepage geht es hier).

Die Nachfrage nach den Online-Studienplätzen sei groß, denn Flüchtlinge hätten es in Deutschland schwer, ein Studium an einer klassischen Uni aufzunehmen, sagt Vincent Zimmer, einer der Start-Up-Gründer. „Vor allem wegen bürokratischer Hürden und Sprachbarrieren.“ Innerhalb eines Jahres stieg die Zahl der Kiron-Studierenden auf über 3000. Tausende mehr warteten noch auf einen Platz in dem Programm, sagt Zimmer. Allein in der Türkei seien es 8000 Flüchtlinge. Die EU habe zugesagt, ihnen ein Studium zu finanzieren, die Gelder dann aber anderweitig vergeben. Jetzt solle Kiron einspringen.

Die Förderung fließt auch in die Qualitäts-Kontrolle

Um Flüchtlinge an das Studium vor allem in Deutschland heranzuführen, bietet Kiron spezielle Vorkurse an. „Viele, die zu uns kommen, sind es nicht gewohnt, ihre Lerninhalte auch hinterfragen zu müssen“, sagt Zimmer. Etlichen fehle auch eine Diskussionskultur.

Mit dem Geld vom BMBF soll nun vor allem die Qualität der Online-Uni gesichert werden. Ein unabhängiges Institut wird die Kurse, das Konzept und die Übergangschancen der Studierenden an die Partner-Hochschulen durchleuchten. Ein erheblicher Anteil der Mittel soll auch in wissenschaftliches Personal investiert werden, das die Module der Kiron-Studiengänge mit denen der Partnerunis koordiniert.

Einer hat den Sprung an eine echte Uni schon geschafft

Ein Kiron-Student hat den Sprung an eine echte Uni schon geschafft. Gerade habe er einen Facebook-Eintrag von einem Studierenden der ersten Stunde gelesen, sagt Zimmer: Ab Oktober hat er einen regulären Studienplatz. Und das, obwohl die Vorbereitungszeit bei Kiron noch lange nicht abgelaufen ist.

Julius Heinrichs

Zur Startseite