
© Dominic Vella
Meisterin des Wurfs: Warum Gurken ihren Samen besonders weit schleudern können
Die Spritzgurke ist eine Meisterin im Verteilen ihrer Samen. Jetzt haben Forschende den Abschuss gefilmt und genau untersucht.
Stand:
Die Spritzgurke schießt ihre Samen nicht mit dem größtmöglichen Druck hinaus, den sie erzeugen kann. Stattdessen richtet die Pflanze den Stängel auf und bringt die Frucht in eine günstige Position, um den Samen weit zu schleudern. Das haben britische Wissenschaftler beim Filmen des Vorgangs entdeckt.
Wenn die Frucht der Spritzgurke Ecballium elaterium reif ist und vom Stängel abreißt, entsteht eine der schnellsten Bewegungen im gesamten Pflanzenreich: Die Samen werden mitsamt eines wässrigen Schleims mit hoher Wucht aus der entstandenen Öffnung geschleudert, wie durch eine Düse.
Erst sehr prall, dann weniger
Dass die Spritzgurke ihre Samen so verbreitet, ist seit dem Altertum bekannt. Doch neuere Untersuchungen zu dem Mechanismus gibt es kaum. Um den Vorgang besser zu verstehen, kombinierte eine Gruppe um Chris Thorogood von den University of Oxford Botanic Garden in Oxford mehrere Experimente, Hochgeschwindigkeitsvideoaufnahmen, quantitative Bildanalyse und mathematische Modellierungen.
Eine überraschende Erkenntnis ist dabei, dass die Frucht einige Tage vor dem Samenwurf praller ist als beim Ausstoß selbst, schreibt das Team im Fachblatt „PNAS“. Knapp vier Tage vor dem Samenwurf hatte die Frucht einer Beispielpflanze eine Länge vom 3,5 Zentimetern und eine Dicke von 2 Zentimetern. Eine halbe Stunde vor dem Samenwurf waren es nur noch 3,3 bzw. 1,94 Zentimeter. Dafür stieg der Stängeldurchmesser von 0,34 auf 0,42 Zentimeter.
Die Samenverbreitung bietet nicht nur eine Möglichkeit zur Kolonisierung neuer Umgebungen, sondern kann auch den Wettbewerb zwischen benachbarten Pflanzen verringern.
Chris Thorogood, University of Oxford Botanic Garden, Oxford
Messungen ergaben, dass Stängel und Frucht zusammen nicht schwerer geworden waren. Demnach hat die Pflanze einiges Wasser aus der Frucht in den Stängel verlagert. Dadurch sinkt in der Frucht der Druck, mit dem die Samen herausgeschleudert werden können.
Fast optimaler Abschusswinkel
Mit der Wasserverlagerung streckt sich der Stängel und wird fester. Während die Früchte vier Tage zuvor noch fast senkrecht am Stängel hingen, wiesen sie kurz vor dem Samenwurf im Durchschnitt einen Winkel von 42,7 Grad auf – „was etwas unter dem normalerweise erwarteten optimalen Abschusswinkel von 45 Grad liegt“, schreiben die Studienautoren.
Denn: Ist der Winkel flacher, kommen die Samen nicht weit und fallen in geringerer Entfernung auf den Boden. Ist der Winkel steiler, fliegen die Samen eher hoch statt weit. Mit der Wasserverlagerung in den Stängel optimiert die Pflanze also die Flugbahn ihrer Samen.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Die weiteren Untersuchungen ergaben, dass in der Frucht zu Beginn des Samenwurfs ein Druck von 1,7 bar herrschte, fast so viel wie in Autoreifen (etwa 2 bis 3 bar). Dieser sorgt dafür, dass die etwa 50 Kerne mit einer Geschwindigkeit von bis zu 80 Kilometer pro Stunde ausgestoßen werden. Wenn sich die Frucht leert, wird der Druck geringer und die Geschwindigkeit verringert sich auf 25 bis 36 Kilometer pro Stunde.
Dadurch fliegen einige Samen zwölf Meter weit, die anderen zunehmend weniger. Nach 30 Millisekunden ist alles vorbei. „Die Samenverbreitung bietet nicht nur eine Möglichkeit zur Kolonisierung neuer Umgebungen, sondern kann auch den Wettbewerb zwischen benachbarten Pflanzen verringern“, begründen die Studienautoren den evolutionären Vorteil des Samenwurfs der Spritzgurke. (dpa)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid:
- false