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Ein Feuerwehrmann schützt einen Mammutbaum beim Washburn-Feuer im Yosemite-Nationalpark.

© dpa/Noah Berger

Berühmte Giganten in Gefahr: „Die Riesenmammutbäume können Brände fünf Minuten lang überleben“

Seit Tagen kämpfen die Feuerwehrleute im Yosemite-Nationalpark gegen die Flammen an. Wie bedroht sind die Riesenmammutbäume dort – auch durch die Klimakrise?

Mehr als eine Woche schon wüten die Waldbrände im Yosemite-Nationalpark im Norden Kaliforniens und gefährden die weltberühmten Riesenmammutbäume. Stand Freitagnachmittag erfassten die Flammen eine Waldfläche in der Größe von knapp 2500 Fußballfeldern. Mehr als 1000 Feuerwehrleute waren bislang im Einsatz, etwa ein Viertel der Brände hatten sie laut der US-amerikanischen Krisenplattform „Inciweb“ zuletzt unter Kontrolle.

Das sogenannte „Washburn“-Feuer hatte sich auch dem Mariposa Grove genähert, der mit seinen 500 Riesenmammutbäumen Tourist:innen aus aller Welt anlockt. Sie werden im Schnitt zwischen 50 und 85 Meter groß, ihre Stämme erreichen in der Regel einen Durchmesser von bis zu neun Metern.

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Bislang blieb der Jahrhunderte alte Hain von den Flammen verschont, weil Verantwortliche des Nationalparks bereits über Jahre zuvor kontrollierte Brände legten, den umliegenden Wald regelmäßig ausdünnten und damit viel Brennmaterial beseitigten. Biolog:innen und Feuerwehrleute wollen vor allem verhindern, dass die Baumkronen der Riesen anfangen zu brennen. 

Zwar kann der Stamm eines solchen Baums noch etwas Hitze und Sengschäden aushalten, doch hohe Flammen könnten auf die Wipfel der Naturgiganten übergreifen und sie wie ein riesiges Streichholz anzünden. In den vergangenen Tagen besprühte die Feuerwehr die Riesenmammutbäume vorsorglich mit Wasser.

Experimente legen Feuertoleranz der Baumarten offen

Thomas Speck, Professor für Botanik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, hat die Giganten erforscht. „Riesenmammutbäume sind eines der ältesten Lebewesen auf der Erde. Manche werden 3000 Jahre alt und wiegen 2000 Tonnen. Ihre schiere Größe lässt Menschen demütig werden“, sagt er dem Tagesspiegel. 

Mehr als 1000 Feuerwehrleute bekämpften bislang die Waldbrände im Yosemite-Nationalpark.
Mehr als 1000 Feuerwehrleute bekämpften bislang die Waldbrände im Yosemite-Nationalpark.

© dpa

Die Bäume seien zudem hochgradig an Oberflächenfeuer angepasst. So ist laut dem Forscher die Borke, der äußerste Teil der Rinde, bis zu 70 Zentimeter dick und schützt das innere und überlebenswichtige Kambium vor den Flammen.

Wie feuertolerant verschiedene Baumarten sind, findet der Botaniker bei Beflammversuchen heraus. Dabei nimmt Speck Rindenproben verschiedener Baumarten, lagert sie alle gleich trocken und beflammt sie, bis er zum empfindlichen Kambium unter dem Borkengewebe vordringt. „Sobald diese lebende Zellschicht über 60 Grad heiß wird, stirbt der Baum ab.“

Je länger es dauert, bis die Flamme im Experiment zum Kambium vordringt, desto feuertoleranter ist die Baumart. „Mit der dicken Borke können die Riesenmammutbäume etwa fünf bis sieben Minuten lang Oberflächenfeuer überleben, ohne dass das lebende Gewebe Schaden nimmt“, erklärt Speck. Damit sind die Giganten weitaus feuerfester als Bäume wie Rotbuchen, Weißtannen oder die in Brandenburg häufig anzutreffenden Waldkiefer.

Dürre ermöglicht zerstörerische Waldbrände

Ob die Flammen die Bäume niederstrecken, hängt auch von der Feuchte der Stämme und Böden ab. „Gerade die extreme Trockenheit in Kalifornien kann große Waldbrände und weitflächige Zerstörungen begünstigen“, sagt Speck. 

Die häufigste Ursache für große Feuer seien menschengemacht, auch in Europa: „Campingfeuer, weggeworfene Zigaretten und Brandstiftung lösen fast alle Waldbrände aus, die außer Kontrolle geraten“, sagt Speck. Kleinere natürliche Waldbrände würden den Fortbestand von angepassten Baumarten sogar sichern. Die Hitze des Feuers helfe den Bäumen, ihre Zapfen zu öffnen und ihre Samen zu streuen.

Rauch umweht den „Grizzly Giant“, einen monumentalen Riesenmammutbaum im Yosemite-Nationalpark.
Rauch umweht den „Grizzly Giant“, einen monumentalen Riesenmammutbaum im Yosemite-Nationalpark.

© Reuters

Doch die fortdauernde Klimakrise begünstigt längere und häufigere Dürren und auch Feuerwetter in verschiedenen Regionen der Erde. Haben die Riesen angesichts dieser Entwicklung überhaupt noch eine Zukunft? 

Speck sagt: „Ob die Riesenmammutbäume infolge der Klimakrise überleben werden, lässt sich nur schwer sagen. Plausibel ist, dass häufigere Waldbrände den Bestand verkleinern werden.“ Insgesamt würde die vermehrte Trockenheit in den USA und Europa viele Baumarten in Mitleidenschaft ziehen, sie anfälliger für Pilzkrankheiten, Schädlinge und Brände machen und damit ihre Überlebenschancen schmälern.

Die Borke des Riesenmammutbaums ist jedenfalls so widerstandsfähig, dass Speck sie auf der Suche nach neuen Industriematerialien erforscht hat. „Beeindruckend ist zum Beispiel, dass die Borkenfasern bis zu einem gewissen Punkt selbstverlöschend sind. Wenn man ein herausgelöstes Stück Rinde an die Flamme eines Feuerzeugs hält, brennt die Rinde nicht weiter.“ Das liege an phenolischen Ringverbindungen, die sich erst bei hohen Temperaturen entzünden.

Verantwortliche des Yosemite-Nationalparks hegen jedenfalls keine Hoffnung auf ein schnelles Ende der Feuer in der Region und gehen davon aus, dass die Brände in den kommenden Monaten noch auflodern und schwelen werden – bis es im Winter regnet oder schneit.

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