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TURNERS Thesen: Fachhochschulen überschätzen sich

Von George Turner, Wissenschaftssenator a. D., diskutiert die mittel- und langfristige Sicherung der Zahl an Fachkräften.

Beim Bildungsgipfel ist der mittel- und langfristigen Sicherung des Fachkräftebedarfs Priorität eingeräumt worden, und zwar durch Ausbau der Fachhochschulen. Das ist richtig und wichtig. Dazu gehört auch, dass für Meister und andere Fachkräfte ohne klassisches Abitur der Zugang ermöglicht wird.

Der Grund für die Forderung nach einer vermehrten Zulassung dieser Kandidaten ist der Fachkräftemangel, vor allem im Bereich der Ingenieurberufe. Als es den Betrieben wirtschaftlich schlecht ging, wurden Ingenieure reihenweise entlassen; Jungakademiker fanden keine Anstellung. Man darf nicht überrascht sein, wenn der Zulauf zu solchen Studiengängen nachgelassen hat. Die Folge ist, getreu dem hinreichend bekannten Schweinezyklus in der Agrarwirtschaft, dass es später an Absolventen fehlt. Krampfhaft wird nun versucht, Abhilfe zu schaffen.

Kurzfristig ändert sich nicht am Mangel an Ingenieuren

Der Fachkräftemangel hat seine Ursache auch darin, dass die Eingangsvoraussetzungen zu den Fachhochschulen anders als bei deren Vorgängern, den Ingenieurschulen, angehoben wurden. Damit sind Kandidaten mit der Qualifikation eines mittleren Schulabschlusses und einer anschließenden Lehre weitgehend ausgeschlossen worden. Diesen Fehler gilt es zu korrigieren. Den Fachhochschulen obläge es, mit konstruktiven Vorschlägen aufzuwarten. So könnten sie belegen, dass es ihnen mit ihrem immer wieder geäußerten Credo "für die Praxis und mit Praktikern" ernst ist. Stattdessen bleiben sie aus höchst durchsichtigen Motiven in Deckung. Sie warnen zwar vor "massiven Defiziten in Lehre und Forschung", sonst sagen sie nichts. Würden die Voraussetzungen für die Zulassung im Verhältnis zu den Universitäten deutlich abgesenkt, bedeutete dies einen "Rückschlag" bei dem Bemühen ihrer Lobbyisten, möglichst universitätsgleich zu werden. Indem sie wie die Universitäten Masterstudiengänge anbieten, für die ihnen zum Teil die personelle und sachliche Ausstattung fehlt, übernehmen sie sich. Völlig daneben ist das Streben einiger Exponenten nach einem eigenen Promotionsrecht.

Kurzfristig ändert sich nichts an dem Mangel an Ingenieuren. Deshalb bleibt es für die mittelfristige Perspektive richtig, im Beruf bewährten Kräften den Zugang in erster Linie zu den Fachhochschulen zu erleichtern.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schicken: g.turner@tagesspiegel.de

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