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Sandra Scheeres

© dpa

Neue Senatsoffensive: Hilfe, die "Lehrknechte" kommen!

Berlins Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres will die Lehre an den Unis verbessern. Doch die neuen Dozenten sollen 18 Stunden pro Woche unterrichten - Zeit für die Forschung bleibt den wissenschaftlichen Nachwuchskräften da kaum. Die GEW und die Unis sind dagegen

Lange haben Berlins Unis sich gegen „Lehrknechte“ gewehrt – nun kommen sie: Wissenschaftliche Mitarbeiter („WiMis“) mit einer Lehrverpflichtung von bis zu 18 Semesterwochenstunden – statt der üblichen vier Semesterwochenstunden. So plant es Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD). In eine neue „Berliner Qualitätsoffensive für die Lehre 2012 bis 2016“ sollen zusätzlich 40 Millionen Euro für eine ganze Reihe von Maßnahmen an die Hochschulen fließen, darunter Stellen für neue WiMis.

Die GEW kam Scheeres mit der öffentlichen Bekanntmachung der Pläne zuvor und lenkte die Aufmerksamkeit weg von den zusätzlichen Mitteln hin zu der von ihr heftig kritisierten Personalkategorie: „Der Senat schickt den wissenschaftlichen Nachwuchs in eine berufliche Sackgasse“, erklärt Rainer Hansel, Leiter des GEW-Vorstandsbereichs Hochschule. Die Stellen seien schließlich befristet (auf mindestens drei Jahre), der Nachwuchs werde aber keine Zeit finden, sich für eine wissenschaftliche Laufbahn in der Forschung zu qualifizieren.

Die Senatsverwaltung widerspricht. Die neuen Stellen sollten die „wissenschaftliche Lehre“ stärken und eine Laufbahn mit diesem Schwerpunkt in der Wissenschaft ermöglichen. Auch sei es jeder Uni frei gestellt, die Personalkategorie einzuführen. Die Mittel könnten auch für anderes Lehrpersonal eingesetzt werden – etwa für zusätzliche studentische Tutoren oder für Lehraufträge von Drittmittelbeschäftigten, erklärt Thorsten Metter, der Sprecher der Wissenschaftsverwaltung, auf Anfrage. Die GEW zweifelt an dieser Darstellung. Tatsächlich ist die Vereinbarung zwischen dem Senat und den Unis, die dem Tagesspiegel vorliegt, in diesem Punkt widersprüchlich. Und die Uni-Präsidenten hatten noch am 26. Juni in einem Brief an Scheeres darum gebeten, sie möge nur zehn Prozent der Mittel für die neuen WiMis reservieren. In der Vereinbarung, die die Präsidenten drei Tage später unterschrieben haben, sind weiter 30 Prozent vorgesehen.

Mit wie vielen "Lehrknechten" jetzt zu rechnen ist

Massenhaft neue „Lehrknechte“ wird Scheeres’ „Offensive“ noch nicht an die Unis bringen. Mit den vom Senat dafür vorgesehenen rund 4,8 Millionen Euro könnte jede Uni etwa zwanzig neue WiMis (oder 40 auf halben Stellen) einstellen, jede Berliner Uni hat aber mehrere hundert Wimis. Die TU erklärt, nur drei ihrer Fakultäten hätten Interesse an insgesamt fünf der neuen Lehr-WiMis. Die Humboldt-Uni geht davon aus, dass sich die Mittel für Tutorien ausgeben lassen. Die Freie Universität hat ebenfalls beschlossen, keine Lehr-WiMis einzustellen.

Allerdings sieht die GEW jetzt die Tür zur Ausbreitung des „Lehrknechts“ aufgestoßen, etwa im Zuge der anstehenden Verhandlungen über die neuen Hochschulverträge. Außerdem könnten Gerichte bei der Berechnung der Aufnahmekapazität der Unis bald erklären, es sei nicht zu erkennen, warum nicht alle WiMis eine so hohe Lehrverpflichtung übernehmen könnten. Die Senatsverwaltung hält das für „ausgeschlossen“.

Möglich macht den „Lehrknecht“ die Novelle des Berliner Hochschulgesetzes vom vergangenen Jahr, die Scheeres’ Vorgänger Jürgen Zöllner gegen viel Widerstand durchsetzte. Scheeres lockt die unter der Last in der Lehre stöhnenden Unis nun mit Geld. In einer Verordnung, deren Entwurf nach der Sommerpause dem Abgeordnetenhaus zugeleitet werden soll, wird die Lehrverpflichtung der neuen WiMis entsprechend der von Fachhochschulprofessuren auf 18 Stunden pro Woche festgesetzt – wobei Ermäßigungen für Forschung und „Koordinatorentätigkeit“ von jeweils vier Stunden möglich sind. Auch dann liegt die Lehrverpflichtung noch über der achtstündigen der festangestellten WiMis.

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