Neuester Bericht des Weltklimarats: „Unser Planet schwebt in Lebensgefahr“
SPD-Umweltministerin Schulze fordert weniger CO2-Emissionen. Aktuell scheitert die Weltgemeinschaft an ihren eigenen Zielen. Mehr zum Weltklimarat im Blog.
Stand:
Der Weltklimarat hat Montagvormittag neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur menschengemachten Klimaerwärmung vorgestellt. Der Bericht zeigt klarer als je zuvor auf, wie genau sich der Treibhausgasausstoß auf den Temperaturanstieg auswirkt. 234 Expertinnen und Experten aus 66 Ländern haben alle Erkenntnisse zum Klimawandel aus Studien gesichtet und bewertet, die seit dem letzten Bericht 2013 erschienen sind. Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Pressekonferenz, dem Bericht sowie Reaktionen darauf können Sie im Blog weiter unten nachlesen.
Mehr zur Klimakrise:
Gefährliche Blockaden: Teufelskreis durch Erderwärmung. Der neue IPCC-Bericht belegt wiederum, dass sich das Klima wandelt. Auch bei uns in Deutschland steigt das Risiko für Unwetter mit hohem Schadenspotenzial. (T+)
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So spüren wir in Deutschland die Klimakrise: Hierzuland sind die Temperaturen seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Schnitt um 1,6 Grad gestiegen. Das hat Folgen. Ein Blick hinter die Statistiken. (T+)

© Oliver Berg / dpa
Umweltministerin Schulze: "Der Planet schwebt in Lebensgefahr"

"Weil die Politik nicht handelt, müssen wir es eben tun"
Fridays for Future planen eine weltweite Demo am 24. September.Johnson: "Nächste Dekade entscheidend für unseren Planeten"
Großbritannien als Gastgeber der nächsten Klimakonferenz hat angesichts der alarmierenden Ergebnisse des Sachstandsberichts des Weltklimarates (IPCC) zu sofortigem Handeln aufgerufen. Er hoffe, dass "der heutige IPCC-Bericht ein Weckruf für die Welt sein wird, jetzt zu handeln, bevor wir uns im November in Glasgow zum entscheidenden COP26-Gipfel treffen werden", sagte der britische Premierminister Boris Johnson am Montag nach Veröffentlichung des Berichts.
Die Frage ist allerdings, wie stark Johnson diesen Worten auch Taten folgen lässt, blickt man auf Pläne der britischen Regierung im Bereich der fossilen Brennstoffe. London will unter anderem neue Öl- und Gasfelder in der Nordsee erschließen. Die Internationale Energie-Agentur (IEA) hatte noch im Mai gewarnt, dass weltweit auf die Erschließung neuer Öl- und Gasvorkommen bereits ab diesem Jahr verzichtet werden müsse, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. (AFP)

"Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren"
Grünen-Chefin und Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock reagiert auf Twitter auf den IPCC-Bericht.Weltklimarat beendet seine Pressekonferenz
Der Weltklimarat hat seine Pressekonferenz am Montagvormittag beendet. Die Ergebnisse im neuen Teilbericht des Weltklimarats werden vor allem die Debatte auf der bevorstehenden Klimakonferenz in Glasgow Ende Oktober bestimmen. Auf dieser Konferenz will sich die Weltgemeinschaft darauf einigen, wie sie die globale Erwärmung auf weit unter 2 Grad begrenzen will, wie im Pariser Klimaabkommen von 2015 vereinbart. (Tsp)Lockdowns haben kaum Emissionen eingespart
Der EU-Kommissar für Klimaschutz drängt auf rasches Handeln.
Klimaforscherin warnt vor Gefährdung natürlicher CO2-Senken
Valérie Masson-Delmotte, Co-Vorsitzende der Arbeitsgruppe I beim Weltklimarat, sagte am Montag bei der Pressekonferenz: „Wir wissen, dass die Hälfte all unserer CO2-Emissionen von Pflanzen, Böden und dem Ozean absorbiert und gespeichert werden. Wenn wir immer größere Mengen CO2 in die Atmosphäre ausstoßen, werden diese natürlichen CO2-Senken immer kleinere Mengen unserer zukünftigen Emissionen aufnehmen können.“ Zwar müssten die globalen CO2-Emissionen weltweit sinken, doch auch andere Treibhausgase wie Methan (CH4) müssten dem Weltklimarat zufolge sinken. Das würde Masson-Delmotte zufolge auch in einer besseren Luftqualität münden.Rasche Reduktion von Treibhausgasen kann globale Erwärmung auf unter 2 Grad begrenzen
Valérie Masson-Delmotte, Co-Vorsitzende der Arbeitsgruppe I beim Weltklimarat, sagte am Montag bei der Pressekonferenz: „In den nächsten 20 Jahren könnte die globale Durchschnittstemperatur gegenüber dem 19. Jahrhundert um mehr als 1,5 Grad steigen. Aber wenn wir die Treibhausgasemissionen rasch senken und die globalen CO2-Emissionen bis 2050 auf netto null senken, ist es extrem wahrscheinlich, dass wir die globale Erwärmung auf weiter unter 2 Grad begrenzen können.“ (Tsp)Einige wichtige Erkenntnisse des IPCC-Berichts
Klimaforscher: CO2-Konzentrationen so hoch wie seit zwei Millionen Jahren nicht mehr
Panmao Zhai, Co-Vorsitzender der Arbeitsgruppe I beim Weltklimarat, sagte am Montag bei der Pressekonferenz: „Die Erwärmung in den vergangenen 2000 Jahren ist beispiellos.“ Seit Mitte des 19. Jahrhunderts habe sich die Welt um 1,1 Grad erwärmt. „Die Konzentration von hitzespeichernden Gasen in der Atmosphäre steigt rasant. Jetzige CO2-Konzentrationen sind so hoch wie seit zwei Millionen Jahren nicht mehr.“ Der aktuelle Meeresspiegelanstieg sei der schnellste der vergangenen 3000 Jahre. Das arktische Meereis sei auf dem geringsten Level seit 1000 Jahren, der Rückzug der Gletscher „beispiellos“, was die vergangenen 2000 Jahre angeht. Die aktuelle Erwärmung habe weitreichende Konsequenzen. „Der Klimawandel verstärkt extreme Hitze, Starkregenereignisse und Dürren.“ (Tsp)„Wenn wir unsere Kräfte jetzt bündeln, können wir die Katastrophe abwenden“
„Die Lebensfähigkeit unserer Gesellschaft hängt davon ab, dass Führungskräfte in Politik, Unternehmen und der Zivilgesellschaft geeinigt hinter politischen Vorgaben, Maßnahmen und Investitionen stehen, die den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad begrenzen“, sagte UN-Generalsekretär Antonio Guterres als Reaktion auf den IPCC-Bericht. Die Lösungen lägen auf dem Tisch. „Der Bericht muss die Totenglocke für Kohle und andere fossile Brennstoffe sein, bevor sie unseren Planeten zerstören“, sagte er. Die reichen Länder und Entwicklungsbanken müssten mehr Geld für die Anpassung an den Klimawandel in ärmeren Ländern zur Verfügung stellen. Das Versprechen, pro Jahr für sie 100 Milliarden Dollar für Klimaschutz und Anpassung aufzubringen, müsse erfüllt werden.
„Wenn wir unsere Kräfte jetzt bündeln, können wir die Katastrophe abwenden“, sagte Guterres. Es gebe keinen Raum mehr für Verzögerungen oder Ausreden. Bei der Weltklimakonferenz im November in Glasgow (COP26) müssten Antworten geliefert werden.
„Menschliche Aktivitäten verursachen unbestreitbar den Klimawandel“
Hoesung Lee, Vorsitzender des Weltklimarats, sagte am Montag bei einer Pressekonferenz in Genf: „Der neue Klimabericht erweitert unser Verständnis über den Ursprung des Klimawandels und den menschlichen Beitrag zu Extremwetterereignissen. Erstens sagt er uns, dass menschliche Aktivitäten unbestreitbar den Klimawandel verursachen und Extremwetterereignisse häufiger und heftiger machen.“ Zweitens mache der Bericht deutlich, dass der Klimawandel jede Region auf der Erde beeinflusse. Abschließend sei klar: „Starke, anhaltende und rasche Reduktionen bei CO2-Emissionen und anderen Treibhausgasemissionen wären notwendig, um die globale Erwärmung zu begrenzen.“ (Tsp)Eine Welt bei 3-Grad-Erwärmung
Führender Meteorologe: Weltgemeinschaft auf dem Weg zu 3 Grad Erwärmung
Petteri Taalas, Generalsekretär der Weltorganisation für Meteorologie, sagte am Montag bei der Pressekonferenz des Weltklimarats: „Laut dem neuen Bericht haben wir immer noch eine Chance, den Negativtrend beim Klimawandel zu stoppen, indem wir vor allem die Nutzung von fossilen Energien und Entwaldung stoppen.“Weltweite Mitteltemperatur liegt bereits bei 1,1 Grad
Die globale Mitteltemperatur liegt laut IPCC für den Zeitraum 2011 bis 2020 knapp 1,1 Grad über dem vorindustriellen Niveau (1850-1900). Laut Pariser Klimaabkommen wollen die Staaten die Erderwärmung unter zwei Grad halten, möglichst bei 1,5 Grad. „Wenn wir die Emissionen nicht schnell genug herunterfahren und bis etwa 2050-2070 netto-null erreicht haben, werden wir beide Pariser Klimaziele verfehlen“, sagte Mitautor Douglas Maraun von der Universität Graz. (dpa)
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