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Professuren: Männerbündisch und geheimnisvoll

Klüngeleien vermeiden, mit Professoren-Kandidaten besser kommuinzieren: Wie Berufungsverfahren an Hochschulen transparenter werden könnten.

Susanne Schattenburg war auf alles vorbereitet. Sie wusste, dass es nicht die einfachste Sache der Welt sein würde, Professorin zu werden. Doch dass akademische Bewerbungsverfahren eine solche „Blackbox“ seien, hatte sie nicht geahnt. „Als ich meinen Bewerbungsvortrag gehalten habe, wusste ich nicht, wer in der Berufungskommission sitzt, nach welchen Kriterien entschieden wird und wer die anderen Bewerberinnen sind“, berichtet die Historikerin. „Ich habe mich halb kriminell gefühlt, als ich auf einem Aushang sah, wer die anderen Vorträge hält. Durfte ich das überhaupt wissen?“

Schattenburg hat an vier Berufungsverfahren an verschiedenen Unis teilgenommen, eines davon führte sie auf eine Professur in Bremen. Die „mittelalterliche Dunkelheit“, die sie bei den Verfahren zu spüren bekam, ist leider häufig die Regel. Mangelnde Transparenz, unklare Auswahlkriterien, zu lange Verfahren und eine respektlose Behandlung der Bewerberinnen und der Bewerber – das sind nur einige der Vorwürfe, die am Montag im Senatssaal der Humboldt-Universität zu hören waren. Eingeladen hatte „Profil“, das Frauenförderprogramm der Berliner Universitäten und der Uni Potsdam. Die Beiträge zum Thema „Berufungen an Universitäten“ fielen allesamt kritisch aus.

Wer sich auf eine Professur bewirbt, muss nicht nur extrem gut qualifiziert sein, sondern auch viel Geduld mitbringen. Bewerber müssen mit Verfahren rechnen, bei denen sie kaum Rückmeldungen erhalten und auf Informationen aus der Gerüchteküche angewiesen sind.

Zwar gibt es an jeder Hochschule Leitfäden und Vorschriften darüber, wie ein Bewerbungsverfahren aussehen sollte. Auch externe Richtlinien zur Gestaltung der Verfahren liegen schon lange vor. Zuletzt hat der Wissenschaftsrat 2005 Empfehlungen veröffentlicht. Zentrale Forderungen waren klare Zuständigkeiten, verkürzte Wege und mehr Transparenz bei Berufungen. Nur wenig wurde davon bisher umgesetzt.

Karin Donhauser, Linguistikprofessorin an der HU, war als Mitglied des Wissenschaftsrats an der Erarbeitung der Vorschläge beteiligt und sieht noch immer schwere Mängel: Zum einen dauerten Berufungsverfahren einfach zu lang. An der HU ist es etwa vorgesehen, dass von der Ausschreibung bis zur Ruferteilung sechs Monate vergehen sollen. Faktisch seien es im Schnitt 1,8 Jahre, bei Rufablehnung und erneuter Berufung sogar 2,8 Jahre.

Gleichwohl nähmen sich deutsche Unis kaum Zeit für die Kandidaten, sagte HU-Präsident Christoph Markschies. Über eine lebenslange Einstellung nach nur anderthalb Stunden Diskussionszeit zu entscheiden sei fahrlässig. Als Grund vermutet er eine Kombination aus Faulheit und betonierten Strukturplänen. Anstatt Stellen nach Plan aufzufüllen, müssen die Unis demnach die interessantesten Wissenschaftler aufspüren. Außerdem benachteilige der „unendliche Strukturkonservativismus in Berufungsverfahren“ vor allem Frauen und bremse die wissenschaftliche Dynamik. Berufungen würden oft noch von „Old Boys Networks“ gesteuert. Die „männerbündische, chaotische, laienhafte Art“ vieler Verfahren schade einer gerechten Auswahl nach dem Kriterium „höchster fachlicher Exzellenz“, sagt Markschies.

Gertraude Krell hat am FU-Institut für Management die Entscheidungsstrukturen bei Berufungen erforscht. „Häufig sind die Auswahlkriterien von vornherein unklar. Während des Verfahrens kommen neue Forderungen hinzu, alte werden fallen gelassen. Am Ende nimmt man denjenigen Kandidaten, der einem selbst am ähnlichsten ist.“ Homosoziale Reproduktion nennt Krell das. Es sei daher dringend notwendig, Auswahlkriterien vorher festzulegen und schriftlich an die Kandidaten zu geben. Auch für den Ruf der Uni sei es schlecht, wenn sie mit ihren Bewerbern unprofessionell umgehe.

Helfen könnten Schulungen für Kommissionsmitglieder. Die Verantwortlichen wüssten häufig selbst nicht, welche Rechte und Pflichten sie haben. Auch Berufungsbeauftragte an den Hochschulen wurden von Krell und anderen gefordert. Diese sollen sich um die Kommunikation mit den Bewerbern kümmern und die Verfahren kontrollieren. Das würde vermutlich helfen, Klüngeleien zu vermeiden. Doch auch HU-Präsident Markschies gab zu: „Unabhängige Gutachten fürchten wir wie der Teufel das Weihwasser.“

Margarete Stokowski

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