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Heyerdahls Floß Kon-Tiki

© dpa

Spektakuläre Reise: Mit Thor Heyerdahls Kon-Tiki über den Pazifik

Vor 100 Jahren wurde der norwegische Ethnologe und Abenteurer Thor Heyerdahl geboren.

Auf einem Floß aus neun zusammengebundenen Balsabaumstämmen mitten im Pazifik notiert ein Norweger am 17. Mai 1947 in sein Logbuch: „Schwere See. Guter Wind. Heute bin ich Koch und fand sieben fliegende Fische auf Deck, einen Tintenfisch auf dem Dach und einen unbekannten Fisch in Torsteins Schlafsack.“ Die spektakuläre Reise auf der Kon-Tiki – benannt nach der Inka-Gottheit – macht den damals 32-jährigen Ethnologen Thor Heyerdahl schlagartig berühmt.

Geboren wurde Heyerdahl am 6. Oktober vor 100 Jahren im südnorwegischen Larvik. In Oslo studierte er Zoologie und Geografie. Heyerdahls Leidenschaft für die Weltmeere war nicht vorgezeichnet. Als Jugendlicher hatte er Angst vor Wasser, er lernte erst spät schwimmen.

Die waghalsige Ozeanpassage hielt der Forscher jedoch für die letzte Chance, sich unter seinen Kollegen Gehör zu verschaffen. Er hatte bei einem ersten Besuch in der Südsee die Bräuche und Legenden der Region studiert und war überzeugt davon, dass die polynesische Inselwelt einst von Südamerika aus besiedelt worden war und nicht von Ostasien aus. Die Vorfahren der Inka seien durchaus in der Lage gewesen, lange vor der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus auf Flößen den Ozean zu befahren, vermutete er. Doch niemand glaubte ihm. Immerhin war die Küste Perus gut 8000 Kilometer von Polynesien entfernt.

Also ließen sich Heyerdahl und fünf Mitstreiter nach alten Vorlagen ein Floß bauen. Sie segelten ohne Motor von Peru aus Richtung Westen, trotzten Stürmen und Haien und erreichten mit den Passatwinden im Rücken 101 Tage später den Palmenstrand des unbewohnten Atolls Raroia. Damit war die Besiedelung der Inseln durch südamerikanische Indianer zwar nicht bewiesen. Aber Heyerdahls Fahrt war ein Beleg, dass sie vor 2000 Jahren überhaupt möglich war.

Unbeabsichtigt wurde Heyerdahl so zu einem Wegbereiter der experimentellen Archäologie. „Ich suche keine Abenteuer um der Abenteuer willen“, sagte der Norweger. Aber es bereite ihm „Freude, all den trockenen Gelehrten an die Nase zu stoßen“. Heyerdahls Reisebericht zur Kon-Tiki war ein Bestseller. Ein oscarprämierter Dokumentarfilm folgte 1950. Europäische Kinder konnten die Tour mit einem Kon-Tiki-Bausatz nachspielen.

Mit seiner zweiten Schifffahrt wollte der Norweger nachweisen, dass es in der Antike Kontakte zwischen Ägypten und Amerika gegeben haben könnte. Die Ähnlichkeiten, etwa zwischen den Pyramiden, hielt er nicht für Zufall. Nach Modellen aus dem Ägyptischen Museum in Kairo ließ er ein Schilfboot konstruieren, mit dem er von Marokko bis in die Karibik segeln wollte. Die erste „Ra“-Expedition scheiterte, weil es sich wenige Tage vor dem Ziel in seine Einzelteile auflöste. Beim zweiten Anlauf schafften es Heyerdahls Seeleute hingegen bis nach Barbados. Das restaurierte Papyrus-Boot „Ra-II“ kann heute, wie auch das Kon-Tiki-Floß, in Oslo besichtigt werden.

Mit seinen Notizen über die Verschmutzung der Meere wurde Heyerdahl zugleich ein Pionier der Umweltbewegung. Weitere Reisen führten ihn unter anderem mit dem Schilfboot „Tigris“ in den Indischen Ozean. Und er bemühte sich um den Nachweis, dass die Vorfahren der skandinavischen Wikinger aus der Kaukasusregion stammten.

Er starb am 18. April 2002 im Alter von 87 Jahren an einem Hirntumor. Karsten Packeiser (epd)

Karsten Packeiser

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