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Ein Globus in einem Plastikbeutel. Was hilft gegen den weltweiten Plastik-Kollaps?

© stock.adobe.com/svitlini

Synthetisch, praktisch, schlecht: Wird die Plastikverschmutzung jemals gestoppt?

400 Millionen Tonnen pro Jahr, nur 10 Prozent recycelt: Plastik gehört zu den größten Umweltgefahren unserer Zeit, doch bisher fehlen globale Lösungen. Welche Maßnahmen am wirksamsten wären.

Von
  • Catharina Bening
  • Sina Leipold
  • Melanie Bergmann
  • Henning Wilts

Stand:

Die Plastikverschmutzung zählt zu den größten Herausforderungen unserer Zeit – ein Problem, das längst alle Lebensbereiche durchdrungen hat. Mikroplastik ist in unseren Meeren, Böden, in der Luft und sogar in der Muttermilch nachweisbar. Laut den Vereinten Nationen bleibt Plastik, das einmal in die Umwelt gelangt, dort für Jahrzehnte oder länger.

Trotz der Dringlichkeit konnte sich die Weltgemeinschaft bei den jüngsten Verhandlungen im südkoreanischen Busan nicht auf ein globales Abkommen einigen. Dabei hätte der Grundstein für eines der bedeutendsten Umweltschutzabkommen seit dem Pariser Klimaabkommen von 2015 gelegt werden können.

Doch während über 100 Länder bereit waren, die Herstellung von Plastik einzuschränken, blockierten einige große Ölproduzenten den Fortschritt. Die Gespräche sollen nun 2025 fortgesetzt werden.

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Dabei wird die Plastikflut immer bedrohlicher: Jedes Jahr werden weltweit etwa 400 Millionen Tonnen Plastik produziert – ein Großteil davon Einwegprodukte und Verpackungen. Von diesem gigantischen Abfallberg wird nur ein Zehntel recycelt. Und die Situation droht sich zu verschärfen: Bis 2050 könnte sich die Plastikproduktion laut Prognosen verdreifachen.

Der Stillstand bei den Verhandlungen wirft eine entscheidende Frage auf: Können wir die Plastikverschmutzung überhaupt noch stoppen? In unserer Serie „3 auf 1“ nehmen 4 ExpertInnen dazu Stellung. Alle Teile der Serie finden Sie hier.


Plastikverbot kurzfristig nicht realistisch

Plastikverschmutzung zählt laut den Vereinten Nationen zu den größten globalen Herausforderungen. Sie lässt sich durch Anstrengungen verlangsamen, ist jedoch nicht reversibel: Plastikpartikel, die einmal in der Umwelt landen, verbleiben dort für Jahrzehnte oder länger.

Die Rolle von Plastik ist ambivalent. Zwar spart Kunststoff durch sein geringes Gewicht Energie und CO₂ und kann so positiv zur Klimakrise beitragen. Doch bei einer Recyclingrate von nur neun Prozent steigt die Nachfrage nach fossilen Rohstoffen. Würden diese durch biogene Quellen ersetzt, droht ein Konflikt mit dem Erhalt der Biodiversität.

Ein massiver Ausbau des Recyclings ist ebenfalls problematisch: Plastik besteht aus Tausenden Chemikalien, deren Auswirkungen auf Mensch und Umwelt oft unklar sind. Hinzu kommt, dass ein Großteil des Kunststoffabfalls in Ländern ohne Entsorgungs- oder Recyclinginfrastruktur endet, wo er Böden, Flüsse und Meere verschmutzt – mit globalen Folgen.

Ein umfassendes Plastikverbot ist kurzfristig nicht realistisch und auch nicht uneingeschränkt wünschenswert. Ein Verbot hätte geopolitisch ungleich verteilte Konsequenzen. Sinnvoller wäre ein kontrollierter Absenkpfad in der Produktion, um Innovationen in der Materialwissenschaft und Technologie nachhaltig auszurichten. Eine Differenzierung nach Anwendungen und Lösungspotenzial, gemessen an planetaren Grenzen, ist essenziell.

Letztlich ist der Plastikeinsatz ein Abwägen: kurzfristige Bequemlichkeit versus langfristige Risiken wie Nanoplastikpartikel. Solange niemand Verantwortung für die Schäden übernimmt, tragen die Betroffenen und künftige Generationen die Kosten.


Mehr Geld, weniger Produktion

Plastikverschmutzung ist durch Mikroplastik zu einem unaufhaltsamen Strom geworden, der Flüsse, Meere und sogar die Luft durchdringt. Die winzigen Teile sind Träger von Chemikalien und Krankheitserregern und damit eine Gefahr für Mensch und Natur.

Obwohl der globale Norden mehr Plastik konsumiert, sind die Menschen im globalen Süden stärker von der Umweltverschmutzung betroffen. Deshalb ist es wichtig, den Export von Plastikmüll aus Industrieländern zu stoppen und organisierte Abfallsammlung und -verwertung zu fördern, besonders in Ländern mit schlechter Infrastruktur. Hierfür braucht es finanzielle Unterstützung aus dem globalen Norden, etwa über ein UN-Abkommen.

Letztlich kann die Verschmutzung nur gestoppt werden, wenn die Produktion sinkt, beispielsweise durch die Abschaffung von Subventionen für fossile Brennstoffe, die Plastik billig machen, oder durch mehr Reparaturen, alternative Materialien und die Reduzierung von Überflüssigem wie Einwegverpackungen, Fast Fashion oder Wegwerfprodukten.


Gefährlicher Chemiekalienmix

Mit einem globalen Plastikabkommen könnten wir die zunehmende Plastikverschmutzung begrenzen. Wissenschaftliche Berechnungen haben gezeigt, dass der wirksamste Hebel eine Begrenzung der Plastikproduktion ist, ein Ziel, das weltweit von über 100 Staaten getragen wird.

Nach OECD-Prognosen wird sich die Menge des Plastikmülls bis 2060 verdreifachen, wenn die Produktion weiter wie in den letzten Jahren wächst. Leider geht Plastik nicht weg und selbst die wenigen Kunststoffe, die sich gut zum Recycling eignen, können nur endlich oft recycelt werden und werden zu Müll. Sie enthalten einen unbekannten Chemikalienmix, viele sind bedenklich für unsere Gesundheit.

Daher ist es wichtig, die chemische Zusammensetzung von Kunststoffen zu vereinfachen und bedenkliche Zusätze zu verbieten. Damit könnten Mehrwegsysteme und Recycling vorangetrieben werden. Letztlich müssen wir überprüfen, für welche Anwendungen wir unbedingt Kunststoffe brauchen, und diese dann mehrweg- oder kreislauffähig machen.


Plastik als Fluch und Segen

Plastik stellt die Menschheit vor ein Dilemma: Wie wir es heute nutzen, ist klar nicht nachhaltig. Gleichzeitig ist für viele der Sustainable Development Goals kaum vorstellbar, wie sie ohne Kunststoff erreicht werden könnten. Der niedrige Preis im Vergleich zu anderen Materialien ist Fluch und Segen, da er zur exzessiven Nutzung verleitet.

Was muss ein globales Plastikabkommen daher erreichen? Die Verwendung von Plastik muss auf die sinnvollen Anwendungsbereiche fokussiert werden; speziell im Verpackungsbereich. Die Hersteller müssen weltweit zur Übernahme der Umweltkosten verpflichtet werden: Wer Kunststoffe in wilden Mischungen mit Chemikalien auf den Markt bringt, müsste dann deutlich mehr zahlen.

Umgekehrt würden effizienter Einsatz, hoher Rezyklatanteil und gute Recyclingfähigkeit belohnt. Die verpflichtende Einführung solcher Systeme erweiterter Herstellerverantwortung wird der Knackpunkt sein, an dem sich Erfolg oder Misserfolg der Verhandlungen zeigen werden.

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