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Verstehen ohne Worte: Augenbrauen helfen, Missverständnisse zu klären
Kommunikation ist mehr als Worte: Eine Studie zeigt, dass Bewegungen der Augenbrauen beeinflussen, ob eine Nachfrage erfolgreich ist.
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In Dialogen sind nicht nur Wörter und Handgesten wichtig, sondern auch Bewegungen der Augenbrauen. So seien zusammengezogene Brauen ein Zeichen für Unverständnis und könnten die Kommunikation entsprechend beeinflussen, berichtet ein Team um die Verhaltensforscherin Judith Holler vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik im niederländischen Nijmegen. Dies helfe, Verständigungsprobleme in Gesprächen zu beheben, schreibt es in der Fachzeitschrift Open Science.
Die Forschenden untersuchten zehn Gespräche zwischen Niederländern, die sich gut kannten. Sie beobachteten 586-mal ein sprachliches Nachhaken des Zuhörenden, um einen Sachverhalt klarzustellen. In 45,7 Prozent der Fälle wurde dieses sprachliche Nachhaken durch Augenbrauenbewegungen unterstrichen: Die Teilnehmenden hoben die Augenbrauen an oder zogen sie zusammen.
Das führt zu besseren Antworten
Auf sprachliche Nachfragen wie „Hä?“ oder „Du meinst John?“ bekamen die Zuhörenden deutlich häufiger eine befriedigende Antwort, wenn sie gleichzeitig die Stirn runzelten: Ein Nachhaken mit zusammengezogenen Augenbrauen führte in 56,3 Prozent der Fälle zu einer Klärung des Sachverhalts. Ohne Augenbrauenbewegung lag die Erfolgsquote bei nur 37,4 Prozent. Wurden die Augenbrauen hingegen gehoben, sank die Erfolgsquote auf 29,7 Prozent.
Sonnenbrillentragen oder kosmetische Behandlungen, die die Wahrnehmung von Augenbrauenbewegungen verändern, können die Kommunikation beeinträchtigen.
sagt die Verhaltensforscherin Judith Holler vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik
Das liegt daran, dass das Zusammenziehen und Anheben der Augenbrauen offensichtlich unterschiedliche Effekte haben: Gerunzelte Augenbrauen signalisieren dem Gesprächspartner – auch ohne zusätzliche sprachliche Bemerkung –, dass er seinen Sachverhalt genauer erklären sollte. Augenbrauenbewegungen sollten daher als zentrale Koordinationsmechanismen in der menschlichen Gesprächsführung betrachtet werden, schreibt das Team. Das bedeute jedoch nicht unbedingt, dass man immer bewusst wahrnimmt, was die eigenen Augenbrauen tun.
Entscheidend für KI
Die Studie hebt hervor, wie fundamental sichtbare Signale in der menschlichen Kommunikation sind, sagte die Verhaltensforscherin Holler. Sie habe aber auch praktische Auswirkungen: „Der rapide Aufstieg von KI, insbesondere in Bereichen wie Virtual-Reality-Technologie, Avataren und sozialen Robotern, zeigt, wie wichtig es ist, sich der Rolle visueller Signale in der direkten Interaktion bewusst zu sein.“ Dieses Wissen könne auch beeinflussen, wie neue Technologien gestaltet werden.
„Auf einer alltäglicheren Ebene zeigt die Studie zudem, dass das Tragen einer Sonnenbrille oder kosmetische Behandlungen, die die Produktion und Wahrnehmung von Augenbrauenbewegungen verändern, die Kommunikation beeinträchtigen können“, ergänzte Holler. „Wir erleben die Situation zwar weiterhin als ‘face-to-face’, nutzen dabei aber nicht alle natürlichen Merkmale dieser Interaktion.“
Inwieweit das Spritzen von Botox in die Stirn Auswirkungen auf die visuelle Kommunikation hat, sei noch nicht ganz klar, sagt Holler. Frühere Studien hätten jedoch ergeben, dass Menschen viele Informationen aus dem visuellen in den sprachlichen Bereich verlagern können – und umgekehrt.
„Das zeigt sich auch beim Telefonieren: Obwohl sich die menschliche Sprache in einer face-to-face-Umgebung entwickelt hat, in der Körper, Gesicht und Handgesten viele Informationen tragen, gelingt es uns dennoch, uns am Telefon erfolgreich zu verständigen – obwohl visuelle Signale fehlen. Dabei gibt es jedoch natürlich auch Grenzen.“
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