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Handys ermöglichen Wettervorhersagen selbst für entlegene Regionen in Afrika und ermöglichen Bauern eine bessere Planung.

© Aishath Adam/Ignitia

Vorhersage in entlegenen Regionen: Wetterprognosen per SMS helfen afrikanischen Bauern

Eine Regenvorhersage, für wenige Cent auf das Handy geschickt, hilft Landwirten in Westafrika, ihre Arbeit besser zu planen.

Bauern in Ghana schauen oft in den Himmel. Nur 0,2 Prozent der Ackerflächen in dem westafrikanischen Land sind bewässert. Umso wichtiger ist es zu wissen, ob es demnächst regnen könnte. Den oft viel zu ungenauen Wetterbericht aus dem Radio oder Fernsehen nutzt nur jeder vierte Landwirt, den Rebeka Ramangamihanta von der University of California in Berkeley im vergangenen Jahr fragte. Doch es gibt eine Alternative: eine SMS auf das Handy, in der die Regenwahrscheinlichkeit für die nächsten 48 Stunden vorhergesagt wird für den Ort, an dem sich der Handynutzer aufhält.

Präzise Wettervorhersage selbst in entlegenen Regionen

Das schwedische Unternehmen Ignitia verlangt dafür etwa zwei Cent pro SMS oder einige US-Dollar im Jahresabo, also etwa 250 Vorhersagen. Die Netzbetreiber teilen der Firma zu diesem Zweck mit, über welchen Mobilfunkmasten sich das Handy ins Netz eingeklinkt hat.

Die knapp 60 Bauern, die Ramangamihanta interviewte, zeigten sich durchweg zufrieden mit dem SMS-Dienst. Er helfe ihnen, den Tag zu planen, schreibt die Forscherin in einem noch unveröffentlichten Bericht. Wenn es morgen regnen soll, kann man zum Beispiel heute säen. Die Samen liegen dann nicht lange auf dem trockenen Boden, wo sie von Vögeln gepickt werden. Wenn es morgen regnen soll, kann sich der Landwirt außerdem die Helfer und den Truck für die Ernte sparen und stattdessen etwas anderes tun. Schließlich hat gut die Hälfte der Landwirte noch einen zweiten Job.

Fast alle der Landwirte sagten Ramangamihanta, sie würden den Dienst der Firma weiter nutzen, und sie waren im Durchschnitt sogar bereit, zehn Cent pro SMS zu zahlen. „Nur drei Prozent der Kunden steigen nach dem ersten Jahr aus“, sagt die Geschäftsführerin von Ignitia, Liisa Smits. Der häufigste Verbesserungsvorschlag der Nutzer war, die Genauigkeit der Vorhersagen zu verbessern. „Gestern kam die Nachricht, dass es in der Nacht wahrscheinlich regnen werde“, erzählte zum Beispiel ein Farmer. Also habe er keine Insektizide gesprüht, weil sie gleich wieder von den Pflanzen heruntergewaschen worden wären. „Doch der Regen kam erst am Morgen und ich hätte doch sprühen können“, beschwert er sich.

"Clevere Idee" trotz zweifelhafter Trefferquote

Die Meteorologen von Ignitia sind dennoch überzeugt von der Qualität ihrer Prognosen. Denn für die Tropen sind die Vorhersageverfahren nicht so ausgereift wie für mittlere Breitengrade. Vor allem die häufigen Gewitterwolken lassen sich am Computer nur schlecht simulieren, weil sie zu klein sind für die Raster der virtuellen Welt des Klimamodells. Typischerweise werden die Wetterdaten nur für Punkte auf der Landkarte berechnet, die mindestens zehn Kilometer auseinanderliegen. Ignitia nutzt daher ein besser aufgelöstes und frei verfügbares Regionalmodell namens WRF, in das sie – mangels Wetterstationen in Afrika – vor allem Satellitenaufnahmen einspeist. An den Rändern der simulierten Region werden Parameter aus einem gröberen Modell eingesetzt, das die ganze Welt abbildet. Außerdem berechnen Ignitias Algorithmen den Zug von Gewitterwolken voraus.

Detlev Majewski vom Deutschen Wetterdienst bezeichnet das Vorgehen als „Stand der Technik“ und „eine clevere Idee“. Er hegt aber Zweifel an der Trefferquote, die Ignitia angibt. Die Firma verweist darauf, dass sich diese Erfolgsmeldung nur auf bestimmte Vorhersagen beziehe, die mit hoher Zuverlässigkeit gemacht werden können: Wenn per SMS gemeldet wird, dass es morgen ziemlich sicher trocken bleibt oder dass es mit mehr als 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit regnet, dann würden diese Vorhersagen häufig stimmen. Eine unabhängige Überprüfung der Wetterprognose von Ignitia sei in Arbeit.

Größte Hürde ist die Verständlichkeit der Vorhersage

Ein wichtiger Teil der Entwicklung ist, die Nachrichten für die Bauern verständlich zu machen. In ihrer Umfrage fand Ramangamihanta, dass ein Viertel der SMS-Empfänger jemanden brauchte, um sie vorzulesen. Ignitia experimentiert daher auch mit Audionachrichten. Und man habe lernen müssen, dass sogar Piktogramme in Afrika anders verstanden werden als in Europa, berichtet Smits. „Die Bauern haben zum Beispiel unser Symbol für Sonne als Spinne interpretiert.“ Majewski unterstützt diese Arbeit: „Eine Vorhersage ist erst wertvoll, wenn ein Kunde auf dieser Basis gute Entscheidungen treffen kann.“ Er selbst arbeitet seit einigen Jahren jedoch an einem anderen Ansatz: Er möchte in Afrika meteorologisches Know-how aufbauen.

Der Deutsche Wetterdienst stellt afrikanischen Wetterbehörden zu diesem Zweck ein Regionalmodell zur Verfügung, das Cosmo heißt. Zwei Wochen lang werden Meteorologen aus Afrika in Deutschland darin geschult. 13 afrikanische Länder nehmen bisher daran teil. Wie man die Computermodelle interpretiert und die Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert, liegt dann in der Hand der afrikanischen Wetterdienste. „Sie kennen die Bedingungen in ihrem Land natürlich besser als wir“, sagt Majewski.

Alexander Mäder

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