
© Ondrej Pelanek, Martin Pelanek
Wie der Mensch die Welt eroberte: Nicht durch Waffen, sondern mit Wandel
Vor 70.000 Jahren gelingt, was lange misslang: Der Mensch verlässt Afrika und wird zur globalen Spezies. Eine neue Studie zeigt, warum das eine Mal klappte.
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Der moderne Mensch brauchte mehrere Anläufe, um Afrika erfolgreich zu verlassen. Zum Erfolgsfaktor wurde einer Studie zufolge womöglich, dass Homo sapiens in den Jahrtausenden zuvor mit immer mehr Lebensräumen klarzukommen begann.
Das könnte ihm die nötige Flexibilität dafür verliehen haben, in neuen, klimatisch herausfordernden Umgebungen erfolgreich zu sein, erläutert ein Forschungsteam in der Fachzeitschrift „Nature“. Die Voraussetzungen für die erfolgreiche Expansion seien also in Afrika geschaffen worden.
Derzeitige Annahme ist, dass alle heutigen Menschen in Eurasien größtenteils von einer kleinen Population abstammen, die vor etwa 50.000 Jahren aus Afrika auswanderte. Fossile Funde deuten zudem darauf hin, dass es schon zuvor immer wieder Wanderungsbewegungen des Homo sapiens gab – die aber nicht in einer längerfristigen Besiedlung von Gegenden außerhalb Afrikas führten und keine Spuren bei heutigen Eurasiern hinterließen.
Das Team um Eleanor Scerri vom Max-Planck-Institut für Geoanthropologie in Jena trug Belege aus historischen Fundstätten in Afrika zusammen, die auf die Zeit zwischen 120.000 und 14.000 Jahren vor heute datiert wurden. Mit Modellen rekonstruierten sie die Umweltbedingungen des jeweiligen Lebensraums, etwa Temperatur und Niederschlagsmenge.
Plötzlich kam der Mensch auch in der Wüste klar
Demnach begann Homo sapiens vor etwa 70.000 Jahren, in zuvor unbesiedelten Lebensraumtypen des Kontinents wie äquatorialen Wäldern und trockenen Wüsten zurechtzukommen, vor allem in West-, Zentral- und Nordafrika. Diese gesteigerte Anpassungsfähigkeit war es womöglich, die den modernen Menschen schließlich in die Lage versetzte, mit den unterschiedlichen Bedingungen nach dem Verlassen Afrikas fertig zu werden, mutmaßen die Forschenden.
Und das wohl trotz vergleichsweise ungünstiger Bedingungen, wie das Team erläutert: Frühere Ausbreitungen scheinen demnach während besonders günstiger Zeitfenster mit vermehrten Niederschlägen im Sahara-Arabien-Wüstengürtel stattgefunden zu haben, wodurch grüne Korridore für die Ausbreitung nach Eurasien entstanden. Dennoch scheiterte die Eroberung von Gebieten außerhalb Afrikas letztlich offensichtlich. Vor etwa 70.000 bis 50.000 Jahren waren die Umweltbedingungen vermutlich weitaus ungünstiger – trotzdem verlief die Ausbreitung diesmal erfolgreich.
Welche neue Kompetenz machte den Menschen flexibler?
Zu den bisher diskutierten möglichen Gründen zählen Scerris Team zufolge etwa technologische Innovationen wie bestimmte Waffen oder eine verbesserte Immunität durch die Vermischung mit eurasischen Homininen. Es seien bisher jedoch keine solchen Innovationen gefunden worden – und Vermischungen hätten Homo sapiens bei frühen Wanderungswellen offenbar nicht gerettet.
Welche spezifischen Kompetenzen Homo sapiens mehr ökologische Flexibilität verschafften, müsse noch ergründet werden, heißt es in der Studie. Aus der Nischenerweiterung lasse sich zudem nicht unbedingt auf eine anwachsende Gesamtpopulation schließen. So sei es zum Beispiel wegen der begrenzten Ressourcen dort unwahrscheinlich, dass es in Trockengebieten große, langfristig stabile Gruppen gab. Stattdessen habe sich Homo sapiens womöglich eher zwischen verschiedenen Lebensräumen und Orten bewegt.
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