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Geeignet. Die TU München setzt auf Auswahlgespräche für Sudienbewerber.
© ddp

Lehramtsstudium: Wie man ein perfekter Lehrer wird

Die Lehramtsstudierenden sind die Stiefkinder der Universitäten. Experten kritisieren die Ausbildung der Pädagogen. Was sich ändern muss.

Wie werden aus den „Stiefkindern“ der Unis, den Lehramtsstudierenden, „geliebte, ernstgenommene Kinder“?, fragte Klaus Kinkel, Außenminister a. D., zum Auftakt der „,Zeit’-Konferenz Schule und Bildung“ am gestrigen Dienstag in Berlin. Die Professoren würden auf die Lehramtsstudierenden „als Klotz am Bein“ herabblicken, besonders auf angehende Grundschulpädagogen, sagte Kinkel. Im Zuge der Exzellenzinitiative und zunehmender Fixierung auf Drittmittel sei das Desinteresse nur noch größer geworden, die allenthalben entstandenen Lehrerbildungszentren an den Unis hätten „nicht genügend Macht und Geld“. Zugleich würden die Lehrerbildungsstandards der Kultusministerkonferenz (KMK) nicht umgesetzt. „In der Bildung ist der Föderalismus ein Hemmschuh“, rief Kinkel.

„Heute sind die Lehrer deutlich besser ausgebildet als früher“, erwiderte Cornelia von Ilsemann, Vorsitzende des Schulausschusses der KMK. Das Praxissemester, das es etwa in Bremen bereits gibt, sei aber leider erst im Master untergebracht. Sinnvoll sei es im 5. Semester im Bachelor, damit die Studierenden rechtzeitig herausfinden können, „ob sie Pickel und Ohrenschmerzen bekommen, wenn die Kinder schreien“. Die Praxis bringe aber nur etwas, wenn sie sehr eng wissenschaftlich begleitet werde. Das Referendariat behandle die jungen Erwachsenen mit seinen benoteten Vorführstunden als Schüler, kritisierte von Ilsemann.

Ulrike Kegler, Schulleiterin der Montessori-Oberschule in Potsdam, findet es unzeitgemäß, wenn die Ausbildung ständig die Zerlegung in fünfminütige Planungssequenzen von den angehenden Lehrern verlangt. In der Realität müssten die Lehrer ständig „Entscheidungen aus unvorbereiteten Situationen treffen“.

Weit fortgeschritten bei der Suche nach Lösungen für jahrzehntealte Probleme ist die School of Education der TU München, die der Pisa-Forscher Manfred Prenzel leitet. Neben einem Motivationsschreiben müssen Studienbewerber in ein zwanzigminütiges Auswahlgespräch: „Wir wissen natürlich nicht, wer mit 18 später ein perfekter Lehrer wird“, sagte Prenzel. Darum würden auch nur fünf Prozent der Bewerber abgelehnt. Aber die Bewerber würden „stark beraten“ – viele entschlössen sich dann schon am Anfang für ein anderes Studium.

Die TU-School ist „im Besitz“ der 116 Stellen der 12 Fakultäten, die an der Lehrerbildung beteiligt sind, sie kann darauf hinwirken, „dass wirklich gute Lehrerbildung betrieben wird“, und darauf, dass das Fachstudium auch auf Lehrer ausgerichtet wird, sagte Prenzel. Respekt könne sich die Lehrerbildung an einer Uni aber nur durch eine angesehene Bildungsforschung verschaffen.

Prenzel geht davon aus, dass in den Fächern vieles für Lehramtsstudierende verzichtbar ist – weshalb etwa die Stochastik im Lehrer-Mathestudium der TU abgespeckt wurde. In Finnland dauere die gesamte Lehrerausbildung fünf Jahre, in Deutschland komme dann erst das Referendariat. Neben einer Entschlackung der Curricula müsse man darüber nachdenken, ob Lehramtsstudierende nicht zuerst nur ein Fach studieren sollten.

Schulleiterin Kegler findet, dass sich mehr ändern muss als das Studium. Der Beamtenstatus müsse abgeschafft werden, Lehrer müssten gezwungen werden, nach zehn Jahren die Schule zu wechseln, sie müssten nach Leistung bezahlt werden. Statt sich als „Stundengeber“ zu begreifen, die mittags nach Hause gehen und zwölf Wochen Ferien haben, müssten sie eine „Präsenzkultur“ entwickeln und die Hälfte der Ferienzeit mit Schulangelegenheiten verbringen. Dafür bekam Kegler von den Zuhörern Applaus.

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