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Dubiose Geschäfte, krumme Deals: Die Bafin möchte informiert werden.

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Mehr Schutz für Informanten: Bafin schaltet Hotline für Whistleblower

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hofft auf Informanten aus der Finanzbranche, die Missstände aufdecken wollen. Das Bundeskartellamt hat mit einer Hotline schon gute Erfahrungen gemacht.

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Sie haben Zinsen manipuliert, Kunden beim Umsatzsteuerbetrug unterstützt, Gelder im Ausland versteckt. Großbanken und andere Finanzdienstleister stehen seit Jahren immer wieder in der Kritik. Ein Skandal folgt dem nächsten. Aufgedeckt werden die Verwerfungen oft nur, weil ein Mitarbeiter Skrupel bekommt. Weil er ausschert und die Machenschaften publik macht. Ohne diese Insider, die Whistleblower, bliebe vieles im Verborgenen. Das hat nun auch die Finanzaufsicht Bafin erkannt – und eine eigene Hotline für Whistleblower eingerichtet. Freigeschaltet wird sie an diesem Samstag.

„Bei der Identifizierung von Verstößen gegen das Aufsichtsrecht kommt Whistleblowern eine große Bedeutung zu“, heißt es bei der Bafin. Sie will nach eigenen Angaben vor allem Mitarbeiter zur Kooperation auffordern, „die über ein besonderes Wissen zu Unternehmensinterna verfügen“. Wichtig ist dabei, dass die Informanten geschützt werden sollen. Das habe „höchste Priorität“. Ohne die Zustimmung der Whistleblower werde ihre Identität nicht offengelegt. Und wenn sie wollen, können sie auch gegenüber der Bafin anonym bleiben.

Verbraucherschützer loben die Hotline

Auf diese Weise sollen mehr Menschen aufgefordert werden, ihr Wissen über dubiose Geschäfte bei Banken, Versicherungen oder anderen Finanzdienstleistern offenzulegen. Verbraucherschützer finden das gut. „Das ist eine weitere Möglichkeit für die Bafin, Erkenntnisse zu gewinnen“, sagte Dorothea Mohn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen dem Tagesspiegel. Die Aufsicht könne so „ungefilterte Hinweise“ bekommen, freut sich die Finanzexpertin, „es wird spannend sein, zu sehen, was die Bafin daraus macht.“

Wie wichtig die Tipps von Hinweisgebern, aber auch ihr Schutz, sein können, zeigt ein aktueller Fall. So sind in Luxemburg vor Kurzem zwei frühere Mitarbeiter der Unternehmensberatung Pricewaterhouse Coopers (PwC) zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Sie hatten maßgeblich zur Aufdeckung des Luxleaks-Skandals beigetragen: Die Dokumente, die sie weitergereicht hatten, zeigen, wie Luxemburg Großkonzernen geholfen hat, Steuerzahlungen in Milliardenhöhe zu vermeiden. Die Staatsanwaltschaft warf ihnen unter anderem Diebstahl und die Verletzung von Geschäftsgeheimnissen vor. Einer der beiden bekam jetzt eine Bewährungsstrafe von 12 Monaten, sein Kollege von neun Monaten. An dem Urteil gab es viel Kritik. Der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold sagte, damit werde „Zivilcourage und der Einsatz für das Gemeinwohl kriminalisiert“.

Informanten sollen die Scheu verlieren, sich zu melden

Die Bafin-Hotline soll Informanten angesichts solcher Urteile die Scheu nehmen, ihre Hinweise für sich zu behalten. Die Behörde ist damit aber längst nicht die erste Institution, die eine solche Anlaufstelle für Whistleblower schafft. Die Strafverfolgungsbehörden haben solche Möglichkeiten, und auch das Bundeskartellamt hat bereits Erfahrungen. Seit 2012 können Mitarbeiter der Wettbewerbsbehörde anonym Tipps geben, etwa über geplante oder bereits bestehende Kartelle. Weit über 1000 Hinweise hat das Bundeskartellamt bereits über diesen Kanal bekommen, darunter auch viele wertvolle, berichtet Kartellamtssprecher Kay Weidner. So hat ein Tippgeber etwa dazu beigetragen, ein Kartell von Autozulieferern aufzudecken, das mit einem Bußgeld von 90 Millionen Euro geahndet worden ist.

Neben den Whistleblowern arbeitet das Kartellamt auch mit Kronzeugen. Wer an einem Kartell beteiligt ist und als erster auspackt, geht straffrei aus. Entschließen sich weitere Unternehmen bei bereits laufenden Ermittlungen zu kooperieren, müssen sie geringere Bußgelder zahlen als diejenigen, die bis zuletzt schweigen. „Gut die Hälfe aller Kartellverfahren geht auf Kronzeugen zurück“, sagte Weidner dem Tagesspiegel. Im vergangenen Jahr verhängte die Behörde Bußgelder von 208 Millionen Euro gegen Kartellsünder, 2014 waren es wegen einiger spektakulärer Großverfahren sogar über eine Milliarde Euro.

Erreichbar ist die Hinweisgeberstelle per Telefon unter 0228 / 410 823 55, per Mail hinweisgeberstelle@bafin.de oder per Post: Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Hinweisgeberstelle, Dreizehnmorgenweg 44-48, 53175 Bonn

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