
© Janine Escher
75 Jahre Eisler-Musikhochschule Berlin: „Ich bin gegen das schlechte Hören“
Seit einem Dreivierteljahrhundert werden an der Eisler-Hochschule Musiker und Sänger ausgebildet. Dass sie früh den Kontakt zum Publikum suchen, hat für Berliner einen großen Vorteil.
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In Berlin gibt es – als Folgeerscheinung der deutschen Teilung – vieles doppelt. Wer Profimusiker werden möchte, hat die Auswahl zwischen zwei exzellenten Ausbildungsorten, nämlich der Universität der Künste und der „Hanns Eisler“-Hochschule. Beide Institutionen feiern jetzt Jubiläen.
Die UdK gibt es seit 50 Jahren – damals vereinigte sich die seit 1869 bestehende Hochschule für Musik mit der kaum jüngeren Hochschule für Bildende Kunst. Die „Eisler“ dagegen wurde vor 75 Jahren neu gegründet, von Emigranten, die ganz bewusst in die sowjetisch besetzte Zone der zerstörten Stadt zurückgekehrt waren.
Klassik für alle
Gründungsdirektor Georg Knepler gehörte zu diesem Kreis ebenso wie Hanns Eisler, der die DDR-Nationalhymne komponierte und dessen Namen die Hochschule seit 1964 trägt. Kulturelle Bildung erschien der Einheitspartei SED wichtig für den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft, das Konzert zum zehnjährigen Bestehen der Hochschule wurde im VEB Glühlampenwerk in Friedrichshain veranstaltet, bis 1962 existierte eine eigene Arbeiter- und Bauernfakultät.

© Archiv HfM
Nach dem Mauerbau ging es dann vorrangig darum, ausreichend Musiker und Sänger für die Bühnen des Landes auszubilden. „Wir waren an der Eisler die ersten, die nicht ins Orchester mussten“, erinnert sich der Cellist Stephan Forck, der 1985 zu den Gründungsmitgliedern des Vogler-Quartetts gehörte.
Zittern um die Zukunft
Unterrichtet wurde zunächst in einem der wenigen unzerstörten Gebäude in der Wilhelmstraße, erst 1987 konnte ein Neubau in der Charlottenstraße bezogen werden, direkt hinter dem wiederaufgebauten Konzerthaus am Gendarmenmarkt. Umso tragischer wäre die Abwicklung der Hochschule gewesen, die nach der Wende erwogen wurde. Letztlich lagerte man nur die Ausbildung von Musiklehrern an die UdK aus, die Eisler blieb bestehen.

© Janine Escher
Seit 2005 verfügt die Hochschule mit dem „Neuen Marstall“ neben dem Stadtschloss über eine exzellent ausgestattete Dependance mit Proberäumen und Aufführungssälen. Hier wie auch im Stammhaus finden fast täglich Veranstaltungen statt, die meisten bei freiem Eintritt. Die verschiedenen Instrumentalklassen präsentieren sich, es gibt Vorträge, Liederabende sowie Konzertreihen, die von den Studierenden selbst organisiert werden.
Möglichst früh sollen die angehenden Profis sich auch in der „Beziehungsarbeit“ mit dem Publikum ausprobieren. Denn ohne Selbstvermarktung, vor allem in den sozialen Medien, sowie die Fähigkeit, seine interpretatorischen Gedanken in Worte zu fassen, lässt sich eine Karriere heute kaum mehr aufbauen.
An der Eisler lehren Klassikstars wie Kirill Gerstein, Kolja Blacher, Claudio Bohorquez und Nils Mönkemeier, außerdem mehrere Mitglieder der Berliner Philharmoniker. Und es gibt Professoren, die selbst Absolventen sind, wie Antje Weithaas und Roman Trekel.
Die 550 Studierenden können sich aber ebenso für die Ausbildung im Bereich „Popularmusik“ bewerben – der hier von Schlager bis Jazz reicht. Hanns Eisler, der Namensgeber der Hochschule, war offen für ernste wie für unterhaltende Werke. Hauptsache, ihre Schöpfer meinen es ehrlich: „Ich bin gegen das schlechte Hören und gegen die schlechten Interpreten, und ich bin gegen die schlechten Komponisten, die Dummheiten, Schwulst, Dreck und Schwindeleien in der Musik ausüben.“
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