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Advent in London: Fest der Krisen

Royals, Brexit und Streiks

Ein Kommentar von Tessa Szyszkowitz

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Früher waren die Britinnen und Briten wegen des Brexits gespalten. Heute streitet die Insel über den War of the Windsors. Beim Notar am Piccadilly Circus sagt die Frau am Empfang: „Ich finde die Liebesgeschichte zwischen Harry und Meghan sehr berührend.“ Bei einem der unzähligen Weihnachtsempfänge diese Woche sieht eine Urenkelin von Winston Churchill die Sache diametral anders: „Die Amerikanerin soll endlich aufhören, unserer königlichen Familie Probleme zu bereiten.“

Ob man Team Meghan oder doch den Rest der Royals unterstützt, ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil es beim Worldcup nichts mehr mitzufiebern gibt. Die Niederlage der Engländer gegen die Franzosen vorigen Samstag verletzt den englischen Nationalstolz tief.

Auch sonst steht es schlimm um Britannien. Lebensmittel kosten diese Weihnachten teilweise um 17 Prozent mehr als vor einem Jahr. Eine Serie von Streiks legt die Insel lahm. Die Briefe an Santa kommen vor Weihnachten nicht mehr an. Die Royal Mail streikt tageweise. Ebenso Krankenschwestern und Pfleger. Und die Züge gehen auch nur noch sporadisch.

Wie in Deutschland herrscht wegen Covidpandemie und Ukrainekrieg Krise. Auf der Brexitinsel treten jetzt aber auch massiv die Folgen des EU-Austritts zutage. In den Spitälern fehlen zum Beispiel 50.000 Krankenschwestern. Die Bank of England erhöht die Zinsen erneut um 0,5 Prozent auf inzwischen 3,5 Prozent. Das Unvereinigte Königreich bereitet sich auf eine lange Wirtschaftsrezession vor.

Einer wird die Krisen-Weihnachten wohl nicht mehr auf der Brexitinsel erleben. Boris Becker wurde am Donnerstag aus dem Gefängnis entlassen. Der ehemalige Tennisstar war im Frühling wegen Insolvenzstraftaten zu 2,5 Jahren Haft verurteilt worden. Der Großteil der Strafe wurde ihm einfach erlassen. Da der 55-jährige Bankrotteur die britische Staatsbürgerschaft nicht besitzt, sollte er laut Gesetz direkt nach Deutschland abgeschoben werden.

Wird er per Flugzeug deportiert? Oder nimmt er den Eurostar? Da hätte er Glück im Unglück: In einem Akt der Adventsgnade für Reisende wurde der Streik beim Eurostar für dieses Wochenende abgesagt.

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