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Eine Pferdekutsche in Berlin-Mitte

© Kai-Uwe Heinrich

Pferdekutschen in Berlin: 100.119 Stimmen gegen Hü und Hott

Tierschützer überreichen die Petition gegen Pferdekutschen. Als Alternative steht der E-Antrieb bereit.

Die Ablösung steht schon bereit. Und der Druck, sie zu vollziehen, ist nach Ansicht von Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne)„beeindruckend.“ Er ist auch für den Tierschutz zuständig und nahm am Dienstag vor seinem Amtssitz eine Kiste entgegen, die exakt 100 119 Unterschriften symbolisierte, die bis zu diesem Zeitpunkt bei einer Petition im Internet gesammelt worden waren. Ziel: das Verbot von Pferdekutschen, die vorwiegend im Zentrum Touristen durch die Stadt schaukeln.

Initiiert hat die Petition Julia Maier aus München. Bei ihren häufigen Besuchen in Berlin sei ihr, einer ehemaligen Reiterin, das Leid der Pferde aufgefallen, begründet sie ihre Aktion. Zu sehen seien wundgescheuerte Bäuche und Köpfe, da das schlecht sitzende Zaumzeug/Geschirr nicht für das jeweilige Pferd angefertigt werde; schmerzverzerrte Gesichter, die vom Laien nicht wahrgenommen würden, schreibt Maier im Petitionsaufruf. Viele Pferde seien apathisch. Manche hätten wunde Fesseln; manche vom Durchfall verätzte Schweife. Statt die Tage in natürlicher Umgebung zu verbringen, müssten die Tiere Abgase einatmen und den dröhnenden Straßenlärm ertragen. Ihr natürlicher Fluchtinstinkt werde unterdrückt. Diese „Tradition“, die sich durch Tierqual finanziere, dürfe man nicht hinnehmen.

Rechtliches Verfahren notwendig

Behrendt muss hier nicht überzeugt werden. Auch er sei für ein Verbot der Kutschfahrten in der Stadt, sagte er bei der Übergabe. Vor allem am Brandenburger Tor oder im Bereich des Gendarmenmarktes, wo es viele Fußgänger und Radfahrer gebe, die gefährdet seien.

Für ein Verbot sei aber ein rechtlich einwandfreies Verfahren erforderlich. Ein Schild, das Kutschfahrern die Fahrt verbietet, gibt es zwar bereits in der Straßenverkehrsordnung, doch es aufzustellen sei schwierig, sagte Behrendt. Noch zögen die Senatsverkehrsverwaltung und der Bezirk Mitte nicht mit. Er wolle aber die Gespräche fortsetzen.

Auf E-Technik umsteigen

Und dann stieg Behrendt selbst in eine Kutsche. Ohne Pferde – aber mit einem Elektroantrieb. Seit gut einem Jahr bietet ein Dresdner Unternehmen solche Fahrten auch in Berlin an. Die Idee habe man vor Jahren entwickelt, um Hotelgästen etwas Besonderes anbieten zu können, sagte Initiator Peter Jumpertz. Seit fünf Jahren ist er in Dresden mit den Kutschen unterwegs, die nach französischem Vorbild enstanden. Obwohl die Fahrten teurer seien als bei der Pferde- Konkurrenz, sei die Nachfrage vorhanden.

Auch bei Berliner Kutschern, die er nicht verdrängen wolle, gebe es Interesse, auf die E-Technik umzusteigen. Der Betrieb sei wirtschaftlich günstiger als der Einsatz der Pferde, wirbt Jumpertz. Auch die Reichweite sei viel größer. Behrendt selbst will nicht umsteigen. Als Ersatz für den Dienstwagen komme die Elektro-Kutsche doch nicht infrage.

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