
© dpa / Lennart Preiss
Urteil nach Berliner Straßenblockaden: 56-jährige Klima-Demonstrantin wegen Nötigung zu 1350 Euro Geldstrafe verurteilt
Die Klima-Demonstrantin aus Hessen war an drei Berliner Straßenblockaden beteiligt. Jetzt verurteilte sie Amtsgericht Tiergarten wegen Nötigung und Widerstands.
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Mit Helga H., 56 Jahre alt, stand zum siebten Mal eine Klima-Demonstrantin nach Straßenblockaden vor Gericht. Diesmal aber wurde kurz nach dem tödlichen Unfall verhandelt, der Diskussionen darüber ausgelöst hatte, ob eine Straßenblockade ursächlich für das verspätete Eintreffen eines Bergungsfahrzeugs am Unfallort gewesen ist.
Der Verteidiger befürchtete am Freitag, das Amtsgericht Tiergarten könnte wegen eines öffentlichen Drucks und Forderungen nach härteren Strafen „nicht adäquat und unabhängig urteilen“. Der Anwalt scheiterte mit einem Antrag auf Einstellung des Verfahrens.
An drei Aktionen der Gruppe „Letzte Generation“ war die Angeklagte aus Hessen beteiligt – zweimal in Steglitz, einmal in Charlottenburg. In den ersten Fällen hatte sie sich am 24. und 26. Januar dieses Jahres mit etwa zehn weiteren Personen im morgendlichen Berufsverkehr auf die Straße gesetzt, am 9. Februar klebte sie sich in Charlottenburg bei einer Aktion mit einer Hand auf die Fahrbahn.
Zum Prozess kam es, weil Helga H. Einspruch gegen einen Strafbefehl wegen Nötigung in drei Fällen sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in einem Fall eingelegt hatte. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft seien inzwischen mehr als 170 solcher Strafbefehle nach Straßenblockaden ergangen, hieß es am Rande. Wöchentlich kämen derzeit weitere hinzu. Bislang sei nur in sieben Fällen kein Einspruch eingelegt worden.
Helga H. ging auf den Unfall nicht ein. Sie sprach über ihren „gewaltfreien und friedlichen Protest“. Sie sehe keinen anderen Weg, um Aufmerksamkeit für das Thema Klimanotstand zu wecken. Schon viele Petitionen habe sie ohne Erfolg unterschrieben und oft demonstriert.
Ihr Verteidiger versuchte es mit einem Bild: „Wenn man im Keller demonstriert, wird man nicht gehört.“ Durch das Sitzen auf der Straße seien keine Rechte Dritter beeinträchtigt worden. Wenn eine Autobahnauffahrt blockiert sei, könne man doch unkompliziert ausweichen.
Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert
Menschen, die in ihren Autos saßen, hätten nicht weiterfahren können und seien zu einem bestimmten Verhalten genötigt worden, entgegnete der Staatsanwalt. Er beantragte eine Strafe von 70 Tagessätzen zu je 15 Euro. Der Verteidiger plädierte auf Freispruch.
Kurz vor dem Urteil war es Helga H., die Druck ausübte. „Sie haben die Möglichkeit, ein Zeichen zu setzen“, wandte sie sich an die Vorsitzende Richterin. „Sagen Sie, auf welcher Seite der Geschichte Sie stehen“, forderte die Angeklagte.
Die Richterin verkündete ihr Urteil nach juristischen Erwägungen: Eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 15 Euro (1350 Euro) wegen Nötigung in drei Fällen und wegen Widerstands erging gegen die Frau. Niemand habe das Recht, Dritte zu instrumentalisieren, um Aufmerksamkeit für politische Ziele zu erzielen, urteilte das Gericht.
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