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Berlin: 18-jährige Kurdin wurde vor dem Haus von hinten erschossen

BERLIN .Die Berliner Grünen haben wegen der tödlichen Schüsse im israelischen Generalkonsulat mit der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gedroht.

BERLIN .Die Berliner Grünen haben wegen der tödlichen Schüsse im israelischen Generalkonsulat mit der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gedroht.Der Grünen-Sicherheitsexperte Wolfgang Wieland forderte Justizsenator Erhart Körting (SPD) auf, den Rechtsausschuß des Abgeordnetenhauses am Donnerstag umfassend zu unterrichten.Hintergrund sind Vorwürfe gegen israelische Sicherheitsbeamte, sie hätten zwei der vier Kurden durch Kopfschüsse getötet.Eine Sprecherin Körtings sagte, entweder der Senator oder die Staatsanwaltschaft werde den Rechtsausschuß unterrichten.

Unterdessen wurde bekannt, daß eine Kurdin offenbar durch Schüsse von hinten getötet wurde.Das ginge aus dem Obduktionsbericht der Staatsanwaltschaft hervor.

Die Vorgänge bei der Erstürmung des israelischen Generalkonsulats lassen sich offenbar zunehmend genauer rekonstruieren.Dem Tagesspiegel liegt die offizielle israelische Version des entscheidenden Tathergangs vor.Demzufolge sei zunächst die Tür des Konsulats von den Kurden gewaltsam aufgebrochen worden.Die beiden israelischen Sicherheitsbeamten hätten allerdings die erste Welle der Eindringlinge abwehren können.Einer der beiden Sicherheitsbeamten habe daraufhin im Treppenhaus vor der offenen Tür gestanden, um das Konsulat zu sichern.Dann sei eine weitere Welle von mit Ästen und Eisenstangen bewaffneten Kurden auf das Konsulat und den Sicherheitsbeamten zugestürmt.Der habe sich in unmittelbarer Lebensgefahr gesehen und aus kurzer Entfernung zweimal gezielt geschossen.Daraufhin sei er nach hinten einige Stufen die schmale Treppe hochgegangen.Die Menge sei ihm gefolgt.Von oben habe der Sicherheitsbeamte dann acht Schüsse in Richtung der Unterkörper der heranstürmenden Menschen abgegeben.Einige von ihnen seien gestürzt.Weil der Sicherheitsbeamte von oben geschossen habe, könne nicht ausgeschlossen werden, daß andere Körperteile als Beine oder Oberschenkel der Angreifer getroffen worden seien.Infolgedessen sei die Erstürmung allerdings gestoppt worden.Schließlich jedoch sei ein mit einer Eisenstange bewaffneter Angreifer aufgestanden und habe den Sicherheitsbeamten erneut unmittelbar bedroht.Auf diesen Angreifer sei einmal in die Brust geschossen worden.Bei diesem Angriff seien elf der insgesamt 17 abgegebenen Schüsse gefallen.

Der gesamte Tathergang ist nach Informationen des Tagesspiegels der Berliner Polizei bekannt.Die Polizei selbst habe alles unmittelbar nach der Tat genau rekonstruiert und die Rekonstruktion vor Ort fotografiert.Trotz der andauernden Spekulationen um den Tathergang vermieden die israelischen Stellen bislang jegliche Kritik an den ermittelnden Behörden.

Die Liste der ungeklärten Fragen im Zusammenhang mit der Stürmung des Generalkonsulats wird unterdessen länger.So kamen Gerüchte aus der Polizei auf, wonach israelische Kräfte den Tatort vor Eintreffen des LKA verändert hätten.Das wird von israelischer Seite vehement bestritten: Die Polizei selbst habe zwei Leichen in den Keller geschafft, um andere Kurden nicht aufzuregen, die in der oberen Etage vorübergehend eine Geisel genommen hatten.

Nach wie vor fehlen Aussagen kurdischer Beteiligter zum Tathergang.Derzeit werden sie von ihren Verteidigern zu den Geschehnissen befragt.Voraussichtlich am Freitag soll es eine gemeinsame Erklärung der kurdischen Demonstranten geben.

In Rücken und in Hinterkopf

Kurdische Opfer wurden auch von hinten getroffen

Die Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen im Abgeordnetenhaus, Renate Künast, hat gestern "erhebliche Zweifel" an den Notwehr-Schilderungen aus dem isrealischen Generalkonsulat geäußert.Hintergrund sind Informationen aus Sicherheitskreisen, die auch dem Tagesspiegel vorliegen, daß mehrere der toten und verletzten Kurden von hinten getroffen wurden.Künast verwies gestern vor allem darauf, daß die 18jährige Frau unter den Toten einen Schuß in den Rücken und einen in den Hinterkopf erhalten habe.

Das ZDF-Magazin Kennzeichen D berichtete dazu aus dem Obduktionsbefund, der tödliche Schuß sei am Rücken eingetreten, der zweite am Kopf hinten links.Künast sagte gegenüber dem Tagesspiegel ergänzend, die Schüsse seien offenbar aus größerer Entfernung gekommen, also wohl nicht bei der Abwehr eines unmittelbaren Angriffs.Ein Mann unter den Todesopfern erhielt laut Kennzeichen D einen "seitlichen Thorax-Durchschuß".Das Geschoß sei an der rechten hinteren Brustkorbseite eingedrungen, die Ausschußöffnung liege im Bereich des linken Oberarms.Eine offizielle Bestätigung bei der Justiz dafür gibt es nicht.Auch Justizsenator Körting sagte nichts.

Künast äußerte wegen der Immunität der israelischen Schützen inzwischen Zweifel daran, daß ein Gericht die Vorgänge noch klären könne.Die hohe Zahl der Schüsse und die Art der Verletzungen rückten die Notwehr-Darstellungen jedenfalls ins Zwielicht.Die Bündnisgrünen wollen über einen Untersuchungsausschuß nachdenken, wenn sie am Donnerstag im Rechtsausschuß des Parlaments keine zufriedenstellenden Auskünfte erhalten. pen

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