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Berlin: 27. Berlin-Marathon: Für Willi Heepe, den medizinischen Leiter, beginnt die Arbeit lange vor dem Startschuss

Willi Heepe ist nach seinem abendlichen Training etwas außer Atem. Trotzdem kann er sich noch ganz genau an seinen ersten Berlin-Marathon erinnern.

Willi Heepe ist nach seinem abendlichen Training etwas außer Atem. Trotzdem kann er sich noch ganz genau an seinen ersten Berlin-Marathon erinnern. 1980 war das. 1980 war auch ein einschneidendes Jahr für den Berlin-Marathon. Denn just bei dieser Veranstaltung begann aus einem Lauf für Verrückte mit rund 4000 Teilnehmern eine Massenbewegung zu werden.

Willi Heepe ist im Hauptberuf niedergelassener Sportmediziner und mit Leidenschaft medizinischer Leiter des Berlin-Marathons. Wenn man ihm zuhört, merkt man, dass es für ihn eine Herzensangelegenheit ist, die Läufer nicht nur anschließend zu behandeln, sondern schon durch Laufen Krankheiten vorzubeugen und deshalb die Läufer aufzuklären. Das gilt bei seiner Jubiläumsveranstaltung, der 20., ebenso wie es bei der ersten galt. Deshalb hat Heepe, der selbst zehnmal mitgelaufen ist, früh begonnen, gemeinsam mit Organisator Horst Milde neben dem eigentlichen Marathon im Vorfeld präventiv die Läufer zu informieren. Diese Entwicklung führte über Seminare bis zu großen Kongressen. Heute ist Heepe aber wieder auf dem Weg zu kleineren Veranstaltungen, weil die großen Tagungen nach seiner Ansicht in Berlin einfach nicht ausreichend besucht werden.

Aber inzwischen hat Heepe das ganze Jahr über mit dem Marathon zu tun, im weitesten Sinne zumindest. Immer mehr Läufer kommen in seine Praxis und lassen sich bei ihm auf gesundheitliche Unbedenklichkeit untersuchen. Viele Läufer haben darüber hinaus noch weiteren Beratungsbedarf. Dem kann der Sportmediziner abhelfen. Denn auf dem gleichen Flur sitzt auch der Sportmedizinische Service (SMS). Dessen Leiter Jürgen Lock kümmert sich mehr um den trainigswissenschaftlichen Teil und die dementsprechende Beratung. Da die normalen Kassen aber diese Kosten für präventive Maßnahmen nicht übernehmen, muss der Läufer hier rund 160 bis 200 Mark investieren. Dafür bekommt gerade der Ersteinsteiger auch ein umfangreiches Programm geboten. Neben trainingsmethodischen Tipps und einer Leistungsanalyse gibt es auch eine Ganganalyse von einer Biomechanikerin, bei der Bewegungsfehler festgestellt werden können und so mit einem sportmedizinischen Schuhmacher spezielle Dämpfungen für orthopädische Einlagen erarbeitet werden können. In Berlin ist das bisher selten möglich, da nur wenige Orthopäden auch biomechanisch ausgebildet sind. Die Nachfrage nach dem Service ist groß.

Denn der Lauf- und Radboom in den letzten Jahren hat das Bewußtsein für ein gesundes Training und die entsprechend gute Ausrüstung geschärft. Die Läufer sind besser informiert, besser gekleidet und besser vorbereitet. Das schlechte Image des Qäulenden ist vorbei. Bei aller Euphorie ist Heepe aber auch nachdenklich. So gibt es immer einige Patienten, die sich ganz bewusst gegen den Rat des Arztes auflehnen und ihre Gesundheit durch Extremanstrengungen aufs Spiel setzten. Oder fettleibige Patienten, die vom allgemeinen Arzt Sport verschrieben bekommen und sofort mit Bewegungen im falschen Geschwindigkeitsbereich beginnen. "Die Verbrennen so viel Kohlenhydrate, weil sie nicht wissen, das es einen speziellen Fettstoffwechsel gibt, der aber zunächst mühsamer ist, weil er später anspringt. Dann kommen sie ausgebrannt nach Hause, müssen sich ordentlich Kohlenhydrate wieder zuführen und dann werden sie noch dicker."

Resignieren will Heepe aber nicht. Immerhin hat er in Berlin mit erreicht, dass sich die Läuferszene sehr gut auskennt. Unterstützt von den Medien und den Laufläden. Trotzdem demonstriert er auf der Marathonmesse weiter, damit sich der Service rumspricht. Schließlich beginnen jetzt mit den Skatern eine Art neue Generation. Vor deren Start hat er diesmal besonders viel Angst, da der Protektorenzwang in diesem Jahr noch nicht durchgesetzt werden konnte. Immerhin ist das der bisher größte Lauf dieser Art, und es gibt wenig Erfahrungswerte. Da möchte er schon vorsichtshalber einsetzbar sein.

Und deshalb läuft Willi Heepe in diesem Jahr ausnahmsweise mal nicht.

Ingo Wolff

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