
© IMAGO/Pond5 Images
4000 Datensätze von Social-Media-Plattformen: Berliner Steuerfahnder überprüfen jetzt Influencer
Nordrhein-Westfalen machte es vor, nun folgt Berlin: Die Steuerfahnder überprüfen, ob Influencer ihre Einnahmen versteuern. Es geht um Vergütungen für Klicks sowie Abo- und Werbeeinnahmen.
Stand:
Nach dem Ermittlungserfolg der Steuerfahnder in Nordrhein-Westfalen gegen Influencer und zu einem mutmaßlichen Millionenschaden durch Steuerbetrug geraten nun auch Influencer aus Berlin ins Visier der Behörden. Die Finanzermittler in Berlin haben eine größere Überprüfung gestartet.
„Dem Finanzamt für Fahndung und Strafsachen liegen rund 4.000 Datensätze im Zusammenhang mit Social-Media-Akteuren vor“, teilte die Senatsfinanzverwaltung jetzt auf zwei parlamentarische Anfragen von SPD und Grünen mit. Ein Teil der Daten wurde den Angaben zufolge bereits „gesichtet, aufbereitet und im Anschluss den Berliner Finanzämtern zur weiteren Bearbeitung übermittelt“.
Nordrhein-Westfalen ist bereits ein Stück weiter. Es war das erste Bundesland, „das sich den Bereich des professionalisierten Steuerbetrugs mittels sozialer Medien strukturiert vorgeknöpft“, wie Stephanie Thien, Leiterin des Landesamtes zur Bekämpfung der Finanzkriminalität in Düsseldorf, erklärte.
Mitte Juli hatte sie mitgeteilt, dass ein eigenes Influencer-Team beim Steuerfahnder-Amt ein Paket mehrerer Social-Media-Plattformen mit 6000 Datensätzen analysiert. Die Daten der Influencer aus NRW „umfassen ein strafrechtlich relevantes Steuervolumen in Höhe von rund 300 Millionen Euro“.
Im Fokus unseres Influencer-Fahnder-Teams stehen ausdrücklich nicht junge Menschen, die ein paar Cremes oder Kleider beworben haben.
Stephanie Thien, Leiterin des Landesamtes zur Bekämpfung der Finanzkriminalität in NRW
Ziel seien der Ermittlungen die „großen Fische“ – also professionelle Influencer, die Einnahmen für Klicks sowie Abo- und Werbeverträge machten, aber ihre steuerlichen Pflichten mit hoher krimineller Energie umgingen. „Im Fokus unseres Influencer-Fahnder-Teams stehen ausdrücklich nicht junge Menschen, die ein paar Follower gesammelt und ein paar Cremes oder Kleider beworben haben“, sagte Thien.
Es sei keine Seltenheit, dass ein Influencer pro Monat mehrere zehntausend Euro verdiene, aber nicht einmal eine Steuernummer habe. Oftmals meldeten sie sich ins Ausland ab, um dem Finanzamt zu entgehen. Besonders beliebt seien Briefkastenfirmen in Dubai. Bereits vor den Datenpaketen sind 200 Verfahren gegen Influencer aus NRW eingeleitet worden.
Was kommt auf Berliner Influencer zu?
Ob auch Influencer aus der Hauptstadt jetzt vor dem Fiskus bangen müssen, ist noch unklar. „Allein die Tatsache, dass Personen oder Unternehmen in diesen Datensätzen aufgeführt sind, lässt nicht automatisch auf ein steuerliches Fehlverhalten schließen“, erklärte Berlins Finanzstaatssekretär Wolfgang Schyrocki. „Wie in anderen Einkommensbereichen besteht auch bei Einnahmen, die über Social-Media-Plattformen erzielt werden, die Gefahr von Steuerbetrug.“
Der Berliner Fiskus sieht sich allerdings vorbereitet. Die Mitarbeiter in den Finanzämtern seien in Sachen „Besteuerung von Social-Media-Akteuren umfassend sensibilisiert“. Zudem gebe es unter den Mitarbeitern Gruppen „mit besonderen Fachkenntnissen im Bereich der Social-Media-Akteure“.
Doch der SPD-Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg, der eine beiden Anfragen zur Besteuerung von Influencern gestellt hatte, ist unzufrieden mit den Antworten der Senatsfinanzverwaltung. „Während Nordrhein-Westfalen offensiv und transparent gegen möglichen Steuerbetrug von Influencern vorgeht, beschränkt sich der Berliner Senat auf defensive Antworten“, sagte er. Die Finanzverwaltung bleibe konkrete Zahlen oder Informationen über Ermittlungen oder Nachveranlagungen schuldig.
Er werde nachhaken, sagte Schlüsselburg. „Hier geht es um Gerechtigkeit: Die Kassiererin muss jeden Cent versteuern – und mit ihren Klicks macht sie Influencer*innen reich, die dann oft nicht einmal ihre Steuern ordentlich zahlen. Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, sondern schadet uns allen.“ Wie die „Zeit“ berichtet, haben bereits acht Länder strafrechtlich relevante Ermittlungen eingeleitet. So seien in Schleswig-Holstein derzeit 56 Verfahren anhängig und in Thüringen 22.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: