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Mehr als 100.000 Tiere werden gekeult: Vogelgrippe trifft Geflügelhöfe – mehrere Betriebe in Brandenburg gesperrt
Das gefährliche Vogelgrippe-Virus H5N1 legt deutschlandweit Höfe lahm. Die Tierseuche trifft die Agrarbranche mitten in der klassischen Gänsezeit. In Brandenburg werden zehntausende Tiere getötet.
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Die Vogelgrippe trifft die Geflügelwirtschaft zur Unzeit – gerade und noch bis Weihnachten hat der Verkauf von Gänsen und Enten Konjunktur. Zwei Geflügelbetriebe im Kreis Märkisch-Oderland verlieren aufgrund des hoch ansteckenden Virus H5N1 80.000 Enten und 50.000 Masthähnchen. Die angeordnete Tötung der Tiere sollte am Montagmorgen weitergehen.
Die beiden Betriebe in Neuhardenberg und Neutrebbin werden zunächst für 30 Tage gesperrt. Im Umkreis von bis zu zehn Kilometern dürfen andere Nutztierhalter nicht mehr mit Geflügel und Eiern handeln. Es gilt ein Transportverbot, auch Geflügelmärkte sind untersagt.
Vogelgrippe-Fälle in Berlin bestätigt
Auch Berlin ist bereits betroffen: Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) hat die zwei Berliner Vogelgrippe-Fälle in der aktuell grassierenden Seuchenwelle bestätigt. Das teilte die Senatsverwaltung für Justiz mit. Das Landeslabor Berlin-Brandenburg hatte das Virus zuvor bei zwei verendeten Kranichen festgestellt. Das FLI hat nun die Proben der beiden Verdachtsfälle ausgewertet und das Virus nachweisen können.
Der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz zufolge wurden die Tiere im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg aufgefunden. Nach einem RBB-Bericht gibt es 14 weitere Verdachtsfälle. Betroffen sollen Wildvögel sein, darunter mindestens ein Schwan.
50.000 Hähnchen in Märkisch-Oderland getötet
Ein Geflügelbetrieb im Kreis Märkisch-Oderland hat am Montag 50.000 Masthähnchen getötet. Die Betäubung und Tötung sei mit CO2-Gas erfolgt, sagte eine Sprecherin des Landkreises. Die Tiere werden demnach nun fachgerecht entsorgt und in eine Tierverbrennungsanlage gebracht.
Ein dpa-Reporter beobachtete, wie ein Traktor schaufelweise Kadaver in einen Container kippte, während weiße Federn durch die Luft flogen. Als nächster Schritt werden Kreisangaben zufolge die Ställe desinfiziert. Diese dürfen dann für 30 Tage nicht betreten werden. Die Türe müssen aufgrund der Geflügelpest getötet werden. Brandenburg ist besonders stark betroffen. Allein im Landkreis Märkisch-Oderland müssen in zwei Betrieben 130.000 Hühner und Enten gekeult und in Tierverbrennungsanlagen entsorgt werden.
Im nahegelegenen Neuhardenberg läuft derzeit noch die Keulung von 80.000 Enten. Der Kreissprecherin zufolge werde dies auch noch die nächsten Tage in Anspruch nehmen. Im Umkreis von bis zu zehn Kilometern um beide Betriebe dürfen andere Nutztierhalter nicht mehr mit Geflügel und Eiern handeln. Es gilt ein Transportverbot, auch Geflügelmärkte sind untersagt.
Steigen die Preise?
Aufgrund der Einschränkungen gibt es die Befürchtung, dass für Verbraucher die Preise im Handel steigen. Der Landrat im Kreis Ostprignitz-Ruppin, Ralf Reinhardt (SPD), sagte im RBB-Inforadio: „Das wird schon einen Einschlag mit sich bringen und im schlimmsten Fall wahrscheinlich auch zu Preiserhöhungen führen.“
Vor dem Martinstag am 11. November beginnt traditionell die Schlachtsaison für Gänse. Das Gros wird jedoch aus dem Ausland – etwa aus Ungarn und Polen – importiert.
Die gute Nachricht für Verbraucher: Dem Bundesinstitut für Risikobewertung liegen bisher keine Daten vor, die belegen, dass sich Menschen über Lebensmittel mit dem Vogelgrippe-Virus infiziert hätten und erkrankt wären. Da das Virus empfindlich gegenüber hohen Temperaturen sei, seien bei gut durcherhitzten Lebensmitteln gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten.
Landwirtschaftsministerin erwartet keine Entlastung
Die Landwirtschaftsministerin Hanka Mittelstädt erwartet wegen steigender Wildvogelzahlen zunächst keine Entlastung für Tiere und Halter. „Der Wildvogelzug, den wir jetzt haben, das ist ja erst der Anfang“, sagte die SPD-Politikerin dem RBB24-Inforadio. Die reisenden Tiere tragen demnach zur Verbreitung der Seuche bei. „Wenn die Temperaturen weiter sinken, werden wir noch eine Zunahme, gerade in der Wildvogelpopulation haben.“
„Das ist Natur, das ist Wildnis“, sagte die Ministerin. „Das können wir nicht einschränken in dem Sinne.“ In diesem Fall könne nur dafür gesorgt werden, dass die Kadaver möglichst schnell eingesammelt werden, um eine weitere Ausbreitung einzudämmen. Deshalb sei es umso wichtiger, „dass die Biosicherheitsmaßnahmen und Hygienemaßnahmen von allen Nutztierhaltern eingehalten werden“. Besonders müsse darauf geachtet werden, dass Einstreu und Futter nicht mit Wildvögeln in Kontakt kommen.

© dpa/Christophe Gateau
Sie stehe im „ständigen Austausch“ mit dem Landestierarzt und dem Krisenzentrum. „Seit letzter Woche sind es insgesamt sechs Betriebe, die betroffen sind. Am Wochenende kamen noch mal zwei dazu in Märkisch-Oderland.“ Aktuelle Zahlen zu betroffenen Tieren zu nennen sei schwierig, „weil stündlich immer mehr dazukommen könnten“.
Wenn ein infiziertes Tier gefunden wird, werden alle Betriebe in der Umgebung engmaschig überwacht, wie die Ministerin sagte. Dazu seien Tierhalter generell dazu angehalten, ihre Bestände auf etwaige Symptome der Vogelgrippe zu überprüfen. „Und sollten die Symptome auftauchen, sind natürlich die Landkreise zu informieren“, sagte Mittelstädt.
Übertrifft Ausmaß die bisher schlimmste Geflügelpest 2021?
Ersten Erhebungen zufolge sind deutschlandweit etwa 400.000 Hühner, Enten, Gänse und Puten gekeult und entsorgt worden, um die Seuchen-Ausbreitung möglichst einzudämmen, wie das für Tiergesundheit zuständige Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) sagte. Ähnliche Zahlen hatte es bereits 2021 – dem bisher stärksten Geflügelpest-Jahr – gegeben.
In der Agrarbranche ist die Sorge groß, dass die Tierseuche über Infektionen bei Wildvögeln in diesem Herbst aber noch mehr Geflügelbestände erfasst. Im Nordwesten Brandenburgs hat das Virus bereits ein massenhaftes Sterben von Kranichen ausgelöst. Sie machten im Linumer Teichland auf ihrem Zug nach Süden Rast.
Funde von Wildvögeln auch in Ortschaften
Auch in Ortschaften entdecken die Menschen immer wieder geschwächte und tote Wildvögel. Der Landrat von Ostprignitz-Ruppin, Ralf Reinhardt, sagte der dpa, am Wochenende seien um die 15 bis 20 Meldungen eingegangen. Ein Wildvogel sei auch in der Nähe einer Kita in Neuruppin gefunden worden. Die Funde würden zügig eingesammelt, damit das Virus nicht auf andere Wildvögel, die Aas fressen, überspringe. (dpa, Tsp)
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