zum Hauptinhalt
Blick in den Gerichtssaal B 306 des Kriminalgerichts Moabit

© dpa/Jörg Carstensen

Update

55.000 Euro entwendet: Zwei Berliner Polizisten nach Raubüberfall auf der Autobahn vor Gericht – Beamte schweigen

Bei einer vorgetäuschten Kontrolle sollen zwei Beamte einen Autofahrer ausgeraubt haben. Nun kommt es zum Prozess. Die Ermittlungen brachten weitere Vorwürfe gegen Beamte ans Licht.

Stand:

Eine Kontrolle wurde laut Anklage vorgetäuscht, um einen Autofahrer in eine Falle zu locken und auszurauben: Zwei Polizeikommissare stehen seit Montag vor dem Landgericht. Mehr als 55.000 Euro sollen sie aus dem Wagen eines Geschäftsführers einer Firma für Landschafts- und Gartenpflege erbeutet haben. Mehr als ein Jahr später hörten sie die Anklage schweigend.

Bülent L.-K. und Mehmet A., 48 und 45 Jahre, sollen seit langem gute Freunde sein. Der eine Hauptkommissar, der andere Oberkommissar. Der Jüngere allerdings sei in Schulden und Geldnot geraten, hieß es im Verfahren. Von Spielsucht war die Rede. Nun lautet die Anklage auf gemeinschaftlichen schweren Raub und gefährliche Körperverletzung.

Mit Blaulicht und Polizeikelle gestoppt

Die beiden Männer sollen am 19. Juli 2023 gegen 22.45 Uhr auf der Berliner Stadtautobahn in Höhe des Messedamms mit Blaulicht und Polizeikelle einen inzwischen 63-jährigen Autofahrer gestoppt haben. Mindestens ein Täter sei in Uniform gewesen, einer habe seine Dienstwaffe im Holster getragen. Sie sollen den Eindruck erweckt haben, es handele sich um eine übliche Kontrolle der Polizei. Dem Kraftfahrer seien sofort Handschellen angelegt worden.

Eine Szene wie im Krimi. Der Firmen-Chef sprach als erster Zeuge im Prozess von „großer Angst“. Zuerst sei da ein Mini-Bus mit Blaulicht gewesen. „Ich sollte bei der nächsten Ausfahrt halten.“ Er sei gefesselt worden, man habe seinen Kopf nach unten gedrückt – „ich konnte keine Gesichter erkennen“. Sie hätten ihn zum Mini-Bus gebracht. „Ich mache doch gar nichts“, habe er gesagt. „Dann holten sie Sachen aus meinem Auto.“

Zwischen 55.000 und 60.000 Euro sollen sie laut Anklage erbeutet haben, dazu zwei Handys. „Nach einer halben Stunde brachten sie mir ein Papier und sagten, ich hätte Glück gehabt.“ Die Angeklagten sollen ihm ein Sicherstellungsprotokoll in die Hand gedrückt haben, um den Schein einer ordnungsgemäßen Kontrolle zu wahren. Das Protokoll aber sei unvollständig und fehlerhaft gewesen.

Der Geschäftsmann ging zur Polizei, man ermittelte zwei verdächtige Kollegen. Der 63-Jährige sprach bei der ersten Aussage von rund 57.000 Euro, mit denen er unterwegs gewesen sei, um für die Firma Werkzeuge und Geräten aus zweiter Hand zu kaufen. Später sei ihm eingefallen, dass es viel mehr Geld gewesen sei, versteckt im Kofferraum. Von insgesamt 357.000 Euro war die Rede. Die Verteidiger bezweifelten zu Prozessbeginn diese Angaben, die Frage nach der Herkunft der angeblichen Summe sei zu klären.

Die Angeklagten sind vom Dienst suspendiert und gegen Auflagen von U-Haft verschont. Es gibt ein weiteres Verfahren. Hintergrund sind Goldmünzen im Wert von 600 Euro. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts auf Strafvereitelung im Amt gegen zwölf Beamte. Der Prozess geht Montag weiter.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })